© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  04/14 / 17. Januar 2014

Forschung zu Flucht und Vertreibung: Legenden zur „Westverschiebung“
Massenhafte Menschenrechtsverletzung
(wm)

Das Thema „Flucht und Vertreibung der Deutschen“, so glaubt der Würzburger Zeithistoriker Matthias Stickler, gewinne seit zwanzig Jahren zunehmend an Aufmerksamkeit. Zumal es mediales wie wissenschaftspolitisches „Skandalisierungspotential“ biete. Dies werde in der neuesten Forschung jedoch kaum ausgeschöpft, wie Stickler in seiner umfangreichen Sammelrezension resümiert (Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, 3/2013). Für das „heftig umstrittene Forschungsfeld“ der Opferzahlen registriere er die Tendenz, die eine Annahme von mehr als zwei Millionen Vertreibungstoten als „mit großer Wahrscheinlichkeit“ für „zu hoch gegriffen“ zurückweise. „Keine heftigen Reaktionen“ provoziert, sondern nur „meist freundliche“ Rezensionen geerntet, habe dagegen das Werk von Ray M. Douglas aus dem Jahr 2012 („Ordnungsgemäße Überführung“, JF 12/12), obwohl es schonungslos die beliebte Legende widerlege, die Westalliierten seien bei dieser „größten Bevölkerungsverschiebung“ nur die von Stalin Getriebenen gewesen. Douglas’ Insistieren auf deren erheblicher Mitverantwortung sowie die Zurückweisung aller in den Vertreiberstaaten umlaufenden „Rechtfertigungen“ für „die größten Fälle massenhafter Menschenrechtsverletzung in der modernen Geschichte“ hätten nicht verhindert, seine Arbeit als „unverzichtbares Standardwerk“ anzuerkennen.

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