© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  05/14 / 24. Januar 2014

Die Oma am Ringfinger
Erinnerungsstück: Eine Schweizer Firma macht aus der Asche Verstorbener Diamanten
Richard Stoltz

Makabrer Glanz: Die Schweizer Firma Algordanza bietet jetzt allen Ernstes die Verwandlung von Verstorbenen in Diamanten an! Wer über das nötige Kleingeld verfügt, kann aus seinen teuren Dahingeschiedenen künftig echte Edelsteine machen lassen.

Die Prozedur, heißt es, sei im Grunde recht einfach. Nach der Verbrennung wird die Asche des Verstorbenen mit verschiedenen Chemikalien behandelt, um den Kohlenstoff herauszufiltern und in Graphit umzuwandeln. Der wird dann in eine Maschine gesetzt, die die Konditionen nachahmt, unter denen Diamanten im Erdinneren entstehen – nur viel schneller. Nach ein paar Monaten hat man seinen Diamanten. Vier Karat im Rohzustand, ein bis zwei Karat geschliffen.

„Grundsätzlich hängt die Größe des Diamanten davon ab, wie lange das Graphit in der Maschine bleibt“, erklärt die Firma. „Aber sie hängt auch von der Qualität der Asche ab. Wenn eine Person zum Beispiel falsche Zähne oder eine Prothese trug oder bestimmte Medikamente einnahm, kann das die Asche verunreinigen und die Qualität des Diamanten mindern.“

Die Familie sollte also darauf achten, daß Oma oder Opa keine falschen Zähne oder Prothesen tragen und auch nicht zu viele Medikamente einnehmen, damit sie später zu schönen blauen Diamanten werden. Schließlich will man sie nicht nur am Ringfinger tragen, sondern gegebenenfalls auch in den Handel bringen, nicht zuletzt um die hohen Kosten von Algordanza wieder auszugleichen.

Wie sagte einst Konfuzius? „Das Erbe der Ahnen ist das Kostbarste, was wir haben.“ Er meinte es spirituell, Algordanza meint es materiell. Der Mensch ist für sie nichts weiter als ein Häuflein gereinigter Kohlenstoff. Armes modernes Menschenkind.

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