© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  05/14 / 24. Januar 2014

Haltungsnote
Gänzlich ungeniert
Thorsten Brückner

Sozialtouristin und stolz drauf! Nicht für jeden scheint das „Unwort des Jahres“ (Sozialtourismus) eine Ehrabschneidung darzustellen. Einfach mal in ein anderes Land ziehen und dort auf Kosten der Steuerzahler leben? Warum nicht, dachten sich die bayerische Landtagsvizepräsidentin Ulrike Gote (Grüne) und ihr Mann, als sie im Herbst 1989 zu einem Studienaufhalt nach England aufbrachen. Das Angebot der Universität East Anglia, eine Gemeinschaftsunterkunft auf dem Unicampus zu beziehen, lehnten beide ab. Etwas komfortabler sollte es dann doch sein. Statt dessen bezog das Paar ein Haus in der Stadt Norwich und beantragte bei der Gemeindeverwaltung Wohngeld. 150 Pfund, damals 400 Mark – ein Drittel der Gesamtmiete. Als Begründung gaben die beiden ihr geringes Einkommen an. Unrechtsbewußtsein: Fehlanzeige! „Ich war Sozialtouristin“, bekennt die Kirchenexpertin der bayerischen Grünen stolz auf der Internetseite der Landtagsfraktion. Die „wertvollen Erfahrungen“ ihres Studienaufenthalts kämen noch heute ihrem Herkunftsland Deutschland zugute, gibt die 48jährige zu Protokoll. Na, da können die britischen Steuerzahler, die ihren Aufenthalt auf der Insel finanziert haben, ja aufatmen.

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