© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  06/14 / 31. Januar 2014

Immer schön netzwerken
Ein Ratgeber verrät alles über den Job als Cäsar
Wolfgang Kaufmann

Der Senat und das Volk von Rom suchen zum nächstmöglichen Termin einen geeigneten Bewerber für den Posten als Römischer Kaiser (m). Die Stelle ist durch den gewaltsamen Tod des bisherigen Amtsinhabers vakant geworden. Sie ist zunächst befristet zu besetzen bis zur ersten großen Meuterei unter den Legionen. Nach Evaluierung der Regierungsperformance bis zu diesem Zeitpunkt sind anschließend eine Entfristung der Stelle und die Umwandlung in ein lebenslanges Beschäftigungsverhältnis möglich.“

Mit dieser komischen Ausschreibung beginnt Stephan Berrys Buch über das römische Kaisertum, das einerseits sachlich exakt über historische Realitäten informiert, andererseits die gestelzte Sprache von heute auf die Schippe nimmt. Dabei ist der Autor kein Historiker, sondern Wissenschaftsjournalist und promovierter Chemiker – aber vielleicht gelang ihm genau deshalb solch ein Kabinettstück subversiven Humors, denn es ist bekannt, daß die regulären Jünger Clios eher sauertöpfisch-überkorrekt daherkommen, weil die Zunft nichts anderes duldet.

Jedenfalls geht es nach der Einleitung im gleichen Stile weiter, das heißt, die virtuose Verwendung allseits und sattsam bekannter Worthülsen zieht sich durch den gesamten Band. So lauten Kapitelüberschriften unter anderem: „Der Dresscode: Darf ich eine Krone tragen?“, „Work-Life-Balance und Zeitmanagement“ und „Darf ich störende Verwandte einfach umbringen?“ Dem folgen dann betuliche Ratschläge, wie man sie aus jenen „Ratgeber“-Magazinen kennt, welche großsprecherisch behaupten, „alles“ zu einem bestimmten Thema zu „verraten“: „Prüfen Sie zunächst, ob eine Tötung wirklich unvermeidlich ist“ und „Lassen Sie sich, sofern irgendwie möglich, noch vor (!) der Tat rechtlich beraten“.

Im Stile der „Business“-Sprache gehalten ist auch die „To-Do-List-Usurpation: Überzeugen Sie sich, daß die Akzeptanz des bisherigen Stelleninhabers zerrüttet ist und selbst seine engsten Mitarbeiter überlegen, sich beruflich umzuorientieren“, dann „seien Sie als Netzwerker aktiv und schmieden Sie eine breite Interessenkoalition“. Derartiges Daherschwafeln ins Römische Reich zu verfrachten bereitet einfach ein diebisches Vergnügen. Danke, Stephan Berry!

Stephan Berry: Berufsziel: Römischer Kaiser. Ausbildung – Bewerbung – Karriere. Verlag Philipp von Zabern, Darmstadt 2013, broschiert, 136 Seiten, 16,99 Euro

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