© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  06/14 / 31. Januar 2014

Frisch gepresst

Wilhelm Windelband. Als Philosophieprofessor an der Reichsuniversität Straßburg und im akademischen „Weltdorf“ Heidelberg stand der gebürtige Potsdamer Wilhelm Windelband (1848–1915) in der ersten Reihe wilhelminischer Mandarine. Da der Protagonist der Südwestdeutschen Schule des Neukantianismus aber kein systematisches Werk von Rang hinterließ, beschränkte sich Windelbands Nachruhm auf sein von Heinz Heimsoeth fortgeführtes, nach 1945 mehrfach aufgelegtes „Lehrbuch“ zur Geschichte der Philosophie. Neue Aufmerksamkeit bescherte ihm erst 1986 die Deutung Klaus C. Köhnkes, der Windelband als Chorführer einer kurz nach den Attentaten auf Kaiser Wilhelm I. eingeleiteten „idealistischen Wende“ in der deutschen Philosophie präsentierte. Ein solcher Ansatz verletzte das ahistorische Selbstverständnis der immer noch auf zeitlose Probleme fixierten Zunft. Daß freilich Tsun-Hwa Changs Trierer Dissertation im Bemühen, Windelbands Philosophie nunmehr zunftkonform „systematisch“, losgelöst vom historischen Kontext, „wiederherzustellen“, dem vergessenen Denker größere Resonanz beschert als Köhnkes brillante, den „Wertphilosophen“ vom Kopf auf die Füße stellende Arbeit, ist eher unwahrscheinlich. (dg)

Tsun-Hwa Chang: Wert und Kultur. Wilhelm Windelbands Kulturphilosophie. Verlag Königshausen & Neumann, Würzburg 2013, broschiert, 228 Seiten, 36 Euro

 

Englisch. Nur sehr selten kann man es erleben, daß die weibliche Begleitung im Steakhouse die Zubereitung des Mahles „blutig“ oder „englisch“ nachfragt. Die Wahrscheinlichkeit, daß der Verzehr der im Kern noch rohen Rinderhüfte beim Gegenüber eine angewiderte Grimasse hervorruft, ist ungleich höher. Warum es so ist, daß gerade Männer dem Mythos Fleisch in seiner naturnahen, archaischen Form erliegen und sie damit wesentlichen Anteil am Verzehr von durchschnittlich vier Rindern pro Leben eines Deutschen haben, versucht Wolfgang Angsten zu ergründen. Kritische Distanz zum Objekt darf man von ihm natürlich nicht erwarten, denn daß nur mit Fleisch eine Mahlzeit komplett ist, deutet er schon in der Einleitung an. Die Zubereitungstips für das „perfekte Steak“ und Dutzende von Rezepten – vom Kudu bis zur Gänsebrust – dürfte jedermanns Gaumensäfte in Wallung bringen. Vegetariern sei hier geraten: Finger weg! (bä)

Wolfgang Angsten: Rohes Fleisch. Männer essen anders. Verlag Neumann-Neudamm, Meldungen 2013, gebunden, 96 Seiten, 14,95 Euro

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