© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  07/14 / 07. Februar 2014

Ohne Feindkontakt
Frau als Soldat: Eine Umfrage der Bundeswehr bestätigt grundsätzliche Vorbehalte
Martin van Creveld

Um das Jahr 1985 herum betrug der Frauenanteil in den amerikanischen Streitkräften 8,4 Prozent. In Kanada lag er bei 7,7, in Großbritannien bei 4,9 und in Frankreich zwischen zwei und drei Prozent. In Norwegen und den Niederlanden waren nur ein Prozent der Soldaten weiblich. In Deutschland waren es zu diesem Zeitpunkt null Prozent. Bemerkenswert dabei: je näher ein Land zur innerdeutschen Grenze lag, dem mutmaßlichen zentralen Kriegsschauplatz, wie es die Amerikaner nannten, desto weniger Frauen dienten in den Streitkräften. Auf der anderen Seite des Eisernen Vorhangs, bei der Roten Armee, die zum damaligen Zeitpunkt die einzige Armee war, die in Kampfhandlungen verwickelt war, gab es überhaupt keine Frauen.

Seit damals wurde die Truppenstärke der Bundeswehr um beinahe zwei Drittel reduziert. Obwohl die Zahlen schwanken, sind auch alle anderen westlichen Armeen geschrumpft. Gleichzeitig ist aber der Anteil an Frauen gestiegen. In den meisten Armeen beträgt er zwischen neun (Bundeswehr) und 16 Prozent (amerikanische Armee).

Daher lassen sich hier zwei parallel laufende Prozesse beobachten. Einerseits der kontinuierliche Niedergang westlicher Armeen, nicht nur hinsichtlich ihrer Größe, sondern auch bezüglich ihres Anteils am Bruttoinlandsprodukt. Andererseits die Feminisierung der Streitkräfte. Kritiker werden einwenden, daß, obgleich Truppenstärken reduziert, die Armeen doch qualitativ verbessert wurden. Aber das ist eine Illusion. Nehmen wir zum Beispiel Afghanistan. Dort sind gerade ungebildete Stammeskämpfer (nicht Stammeskämpferinnen) dabei, die Vereinigten Staaten nach zwölf ergebnislosen Jahren zum Rückzug zu zwingen.

Daß zwischen beiden Entwicklungen ein Zusammenhang besteht, verdeutlichte bereits eine 1990 erschienene Studie der Professorinnen Barbara Reskin und Patricia Roos. Darin kommen die Autorinnen zu dem Schluß, daß jede wie auch immer geartete Organisation sowohl bei Männern als auch bei Frauen an Ansehen verliert, je mehr der Frauenanteil steigt und je wichtigere Rollen Frauen in dieser Organisation spielen. Die aktuelle Umfrage unter Soldaten der Bundeswehr (siehe Seite 7) unterstreicht diese These. Der Ansehensverlust führt zu rückläufigen Einnahmen, diese wiederum schaden dem Ansehen; im Ergebnis also ein Teufelskreis.

Wenn Streitkräfte in erster Linie der Gewährleistung der nationalen Sicherheit dienen, ist diese Entwicklung nicht begrüßenswert. Generell können Frauen bezüglich ihrer physischen Belastbarkeit nicht mit Männern mithalten. Der Versuch, sich dennoch an den gleichen Anforderungen zu messen, führt zu einer unverhältnismäßig hohen Verletzungsrate. Deswegen grenzt die gemeinsame Ausbildung von Rekruten beider Geschlechter oft an eine Farce und stellt eine riesige Ressourcenverschwendung dar. Hinzu kommt, daß Männer durchschnittlich länger bei der Stange bleiben. Auch unter diesem Gesichtspunkt sind die Mittel, die in die Ausbildung von Frauen investiert werden, verschwendet.Letztlich haben weibliche Soldaten in der amerikanischen Armee – die Zahlen aus den Kriegen im Irak und in Afghanistan beweisen das – ein um 90 Prozent geringeres Risiko, getötet zu werden, als männliche. Dasselbe trifft auf die Bundeswehr zu.

Derzeit sind 36 Prozent des medizinischen Personals der Bundeswehr weiblich. Frauen machen 8,5 Prozent der Verwaltungsangestellten aus, 8,5 Prozent der Marine, 6,6 Prozent der Luftwaffe, aber nur 5,3 Prozent der Bodenstreitkräfte – die einzige Gruppe mit Feindkontakt. Kein Wunder also, daß bisher noch keine deutsche Soldatin in Afghanistan gefallen ist. Ob dies daran liegt, daß die Öffentlichkeit eine hohe Zahl getöteter Soldatinnen nicht hinnehmen würde oder die Frauen selbst einen Weg finden, zu vermeiden, dorthin zu gehen wo die Kugeln fliegen, sei dahingestellt.

Anstatt zu kämpfen, beschweren sich Bundeswehrsoldatinnen über sexuelle Belästigung. In der Bundeswehr genau wie in anderen „fortschrittlichen“ Armeen haben männliche Soldaten daher mittlerweile größere Angst, zu Unrecht der sexuellen Belästigung beschuldigt als vom Feind getötet zu werden. Und das aus gutem Grund.

Viele Menschen betrachten die Feminisierung des Militärs als einen großen Schritt hin zur Befreiung der Frau. In Wahrheit geht es darum aber gar nicht. In Zehntausenden Jahren haben Männer ihr Leben gelassen, damit die Frauen, die sie lieben, leben konnten. Der trojanische Held Hektor wollte lieber tausendmal zur Hölle fahren, als seine weinende Frau von einem „erzumschirmten“ Griechen gefangengenommen zu sehen.

Wäre es nicht schön, wenn Frauen umgekehrt mal ihr Leben für ihre Männer gäben? Immerhin ist dies ja das Zeitalter der Gleichberechtigung. Frauen bilden die Mehrheit der Bevölkerung; warum sollten sie dann nicht auch proportional dazu sterben? Wie die Zahl der getöteten Soldaten beider Geschlechter nur zu klar zeigt, ist die Präsenz von Frauen in der Bundeswehr wenig mehr als ein teurer Scherz, der nur dadurch überhaupt möglich wurde, weil sich die nächstgelegene „Gefahr“ für Deutschland am Hindukusch befindet.

Von einer echten Gleichberechtigung – einer Gleichberechtigung also, die dafür sorgt, daß Soldaten beider Geschlechter dieselben Risiken auf sich nehmen und die gleichen Verluste erleiden – sind wir genauso weit entfernt wie zuvor. Und womöglich ist das auch besser so.

 

Prof. Dr. Martin van Creveld lehrt als einer der renommiertesten Militärhistoriker der Gegenwart an der Hebräischen Universität Jerusalem.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen