© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  07/14 / 07. Februar 2014

Homolobby hat erste Hürde genommen
EU-Parlament: Zur Überraschung vieler stimmten selbst Konservative für den Kampf-gegen-Homophobie-Antrag der Grünenpolitikerin Lunacek
Thorsten Brückner

Nein, signalisierte Ulrike Lunacek ihren Unterstützern. Mit gesenktem Daumen versuchte sie bei der Abstimmung am Dienstag im Europäischen Parlament den Befürwortern ihres „EU-Fahrplans gegen Homophobie“ klarzumachen, den Alternativantrag zu ihrer Initiative abzulehnen. Diesen hatte die Fraktion für Freiheit und Demokratie eingebracht, der auch die United Kingdom Independence Party (UKIP) von Nigel Farage angehört. Dabei fand sich in dem Änderungsantrag nichts Kontroverses. Alle Bürger der EU sollten demnach sämtliche Rechte „uneingeschränkt wahrnehmen können“. Die Mitgliedsstaaten werden darin zur tatsächlichen Durchsetzung von Grundrechten aufgefordert und dazu, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Chancengleichheit und anderen Grundrechten herzustellen.“ Gleiche Rechte für alle.

Für Lunacek nicht genug, um ihren Daumen zu heben. Während eine große Mehrheit den Alternativantrag ablehnte, erhielt ihr Antrag, der sogenannte Lunacek-Bericht, Zustimmung. 394 Abgeordete stimmten mit Ja, 176 mit Nein und 72 enthielten sich der Stimme.

Der Forderungskatalog des Berichts ist lang: EU-Staaten werden angehalten, Homoehen, die in einem anderen Land geschlossen wurden, anzuerkennen, auch wenn sie selbst keine derartigen Trauungen erlauben. Besonders brisant ist die Forderung nach speziellen Schulungen für Journalisten. Diese sollen dabei lernen, „angemessen mit Fragen, die speziell lesbische, schwule, bi-, trans- und intersexuelle Personen betreffen, umzugehen“. Darüber hinaus sollen bestimmte, nicht näher genannte Ausdrucksweisen, die Homosexuelle und Transsexuelle diskriminierten strafrechtlich verfolgt und Maßnahmen zur Gleichstellung am Arbeitsplatz ergriffen werden.

Der Plan war am Dienstag im Eiltempo vom Parlament verabschiedet worden. Eine Aussprache gab es nicht. Dem Lunacek-Bericht war eine gescheiterte Initiative der portugiesischen Abgeordneten Edite Estrella im Dezember vergangenen Jahres vorausgegangen. Der Estrela-Plan hatte eine sichere und tabufreie Sexualerziehung gefordert. Außerdem sollte darin Abtreibung als ein Menschenrecht verankert werden. Von der Fraktion der Europäischen Volksparteien (EVP), die im Dezember noch beinahe geschlossen einem Alternativvorschlag gegen den Estrela-Bericht zugestimmt hatte (JF 51/13), votierten jetzt immerhin 68 der insgesamt 223 abstimmenden Fraktionsmitglieder für den Antrag der lesbischen Grünen-Politikerin aus Österreich. Der EVP gehören auch CDU und CSU an.

Bindend ist die Entschließung nicht. Der Plan ist vielmehr eine Aufforderung an Kommission und Mitgliedsstaaten, entsprechende Rechtsvorschriften zu erlassen. „Homophobie wird in Europa nicht mehr länger geduldet“, freute sich Lunacek nach dem deutlichen Votum. Nun müsse die Kommission eine „EU-Roadmap gegen Homophobie“ erarbeiten, um ein Zeichen gegen die „alltägliche Verachtung europäischer Werte“ zu setzen. „Homophobe Gesetze wie homophobe Praxis sind inakzeptabel und dürfen nirgendwo in der Europäischen Union mehr geduldet werden“, forderte die Niederösterreicherin.

Ihr österreichischer Parlamentskollege Andreas Mölzer (FPÖ) unterstrich dagegen, daß der Plan „nichts mit der Bekämpfung von Homophobie zu tun“ habe, sondern als „Frontalangriff der Homolobby“ gegen das nationale Ehe-, Familien- und Asylrecht zu werten sei.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen