© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  07/14 / 07. Februar 2014

Börsen: Jetzt nicht ins fallende Messer greifen
Trendwende am Aktienmarkt
Markus Brandstetter

Am 21. Januar 2014 hat der Dax mit 9.794 Punkten im Handelsverlauf sein Allzeithoch erreicht. Seitdem fällt er. Sechs Tage später lag er nur noch bei 9.349 Zählern, und in dieser Woche ist er unter die Schwelle von 9.200 Punkten gefallen. Wie der Dax, so der US-amerikanische Dow Jones. Der hatte seinen historischen Spitzenwert bereits am 24. Dezember 2013 mit dem Stand von 16.360 Punkten erreicht, seitdem fällt er ebenfalls und liegt nun im Februar bei nur noch 15.300 Punkten. In solchen Fällen stellen sich dann immer zwei Fragen: Was ist der Grund dafür? Und zweitens: Wird das so weitergehen – oder kommt der Abwärtstrend zum Halten?

Das Hintergrundrauschen für alles, was sich seit der Finanzkrise von 2007 an den Börsen tut, bildet die Zinspolitik der US-amerikanischen Federal Reserve Bank (Fed) und der Europäischen Zentralbank (EZB). Fed und EZB sind heute die wichtigsten Zentralbanken auf der ganzen Welt und bestimmen mit ihren Zinsentscheidungen maßgeblich die Entwicklung von Volkswirtschaften, Aktienmärkten und Börsenkursen. Wenn die Fed und die EZB husten, kriegt die Weltkonjunktur einen Schnupfen, wenn beide ein Aspirin schlucken, atmet die Weltkonjunktur durch und die Börsenkurse steigen. Das Aspirin für die Konjunktur der westlichen Welt heißt Niedrigzinsen, und seit Jahren schon wird diese Pille nun in immer höheren Dosen, sprich immer niedrigeren Zinssätzen verabreicht. Der aktuelle europäische Leitzins der EZB beträgt seit 2011 0,25 Prozent, das Pendant der Fed dazu, die Federal Funds Rate, liegt ebenfalls bei einem Viertelprozent, nur geht das schon seit dem Jahr 2009 so.

Die Gründe dafür, die uns von Politikern, Volkswirten und selbsternannten Eurorettern ständig um die Ohren gehauen werden, sind zum Erbrechen bekannt. Niedrige Zinsen kurbeln die Wirtschaft an, weil Kredite für Unternehmer wie Privatleute billiger werden, sich also alle mehr Geld leihen und damit mehr tun, was die Konjunktur belebt und die Arbeitslosigkeit senkt. Niedrige Zinsen haben jedoch den Nachteil, daß Besitzer von Geldvermögen nur noch Minizinsen unter der Inflationsrate für ihre Einlagen bekommen. Das führt dazu, daß je länger das so geht, immer mehr Geld in Immobilien, was den Preisanstieg in dieser Branche beschleunigt hat, und in die Aktienmärkte fließt. Die Niedrigzinspolitik hat zu einem künstlichen Dauerhoch an den Börsen geführt, das jedoch total von den Zinsentscheidungen von Fed und EZB abhängig ist. Schon das geringste Anzeichen, daß die beiden Zentralbanken die Zinsen auch nur minimal erhöhen, führt zu Einbrüchen an den Börsen.

Es könnte sein, daß hier inzwischen eine Trendwende erreicht ist und die Zinsen, zwar sehr langsam, aber stetig steigen werden. Sollte dies der Fall sein, dann liegen die höchsten Werte von Dax und Dow Jones vermutlich hinter uns.

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