© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  08/14 / 14. Februar 2014

Ideologische Manövriermasse
Integrationskurse: Bundesrat fordert Ausweitung
Fabian Schmidt-Ahmad

Viel Geld ausgeben, das einem nicht gehört, für Fremde, die man nicht kennt. Das Ganze dann ohne Sinn, aber immer mit einem guten Gefühl. Dieses Lebensgefühl, welches ursprünglich weltverbessernden Politsekten vorbehalten war, ist nun auch im Bundesrat angekommen. Ausdruck dessen ist ein Gesetzesentwurf, den die Länderkammer eingebracht hat. Auch Asylbewerber, Geduldete und EU-Ausländer sollen ein Anrecht auf öffentlich geförderte Integrationskurse bekommen.

Bisher haben nur Personen mit einem dauerhaften Aufenthaltsrecht einen Anspruch auf die 2005 eingeführten Sprach- und Orientierungskurse, die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) finanziert werden. Manche von ihnen sind sogar dazu verpflichtet, beispielsweise wenn sie sich arbeitslos melden, aber ohne Deutschkenntnisse nicht vermittelbar wären. EU-Ausländer können derzeit die Kurse besuchen, sofern diese nicht voll belegt sind.

Das ist aus Sicht der Autoren des Entwurfs aber zuwenig. Auch Personen ohne dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung sollen „von der staatlich bereitgestellten Möglichkeit“ Gebrauch machen können, da „ein Teil später seinen Aufenthaltsstatus verfestigen kann und sein Leben in Deutschland verbringen wird“. Konkret geht es ihnen um „Asylsuchende und Geduldete“. Das klingt zunächst vernünftig, nur schwankt laut BAMF die Anerkennungsquote für Asylantragsteller seit 2005 jährlich lediglich zwischen 0,9 und 1,5 Prozent.

Für diesen winzigen Bruchteil gleich allen das Recht einzuräumen, erscheint einigermaßen widersinnig. Jedenfalls unter der Annahme, daß auch tatsächlich alle Personen ohne Aufenthaltsgenehmigung des Landes verwiesen werden. Faktisch verbleibt jedoch ein erheblicher Teil der Antragsteller als ideologische Manövriermasse einer Asyl- und Einwanderungslobby in Deutschland (JF 5/13). Zu diesem moralisch-industriellen Komplex kann man nun auch den Bundesrat zählen.

Von einem Teilnahmerecht für Asylbewerber und Geduldete erhoffen sich die Autoren einen Beitrag, „die Kommunikation mit Behörden und Ärzten frühzeitiger zu erleichtern und den durch Sprachbarrieren vielfach verursachten unnötig hohen Verwaltungsaufwand zu verringern“. Auch werde ein erleichterter Zugang zum Arbeitsmarkt geschaffen, wodurch „die von Bund, Ländern und Kommunen aufzubringenden Kosten der Lebensunterhaltssicherung reduziert“ werden, schwärmen die Autoren.

Was neben diesen Traumtänzereien über angebliche Einsparungen aber den Deutschen tatsächlich an Kosten entgegenkommen könnte, darüber schweigen sich die Autoren aus. Was die „Kosten für den öffentlichen Haushalt“ betrifft, so heißt es lapidar in dem Bericht: „Deren Höhe läßt sich nicht valide ermitteln.“ Das stimmt allerdings nicht so ganz. Die Autoren selbst geben für jede Unterrichtsstunde eines Integrationskurses eine Bezuschussung durch das BAMF mit 2,94 Euro an.

Viel Raum für Phantasie

Bei einer Kursdauer von 660 Stunden, wie sie das BAMF vorsieht, entspricht das Kosten von 1.940 Euro. Die Selbstbeteiligung des Teilnehmers von derzeit 1,20 Euro für jede Stunde wird vom BAMF übernommen, sofern dieser sozialhilfeberechtigt ist. Da nach gegenwärtiger Rechtsprechung Asylantragsteller den gleichen Leistungsanspruch wie deutsche Sozialhilfeempfänger besitzen, wäre also vom Ministerium die volle Kursgebühr von 2.734 Euro zu zahlen.

Laut Innenministerium wurden im Januar 2014 insgesamt 14.463 Anträge auf Asyl gestellt, was einer Steigerung von 76,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entspricht. Würden lediglich zehn Prozent dieser Personen ihr Recht wahrnehmen, einen Integrationskurs zu besuchen, hätte das also alleine für den Januar Mehrkosten von fast vier Millionen Euro zur Folge. Wo da die Autoren „eine nicht unerhebliche Entlastung der öffentlichen Kassen“ sehen möchten, bleibt der Phantasie überlassen.

Übrigens werden Integrationskurse häufig bereits jetzt von Personen ohne dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung besucht. Und zwar von EU-Ausländern, insbesondere aus Südeuropa, die in Deutschland auf Arbeitssuche sind und freie Kapazitäten der Kurse nutzen. Diese zahlen 1,20 Euro und noch mehr für jede Stunde, erledigen „die Kommunikation mit Behörden und Ärzten“ unauffällig und sorgen ansonsten selbst für ihre Integration. Alles freilich ohne moralisch-industriellen Komplex.

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