© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  08/14 / 14. Februar 2014

GegenAufklärung
Kolumne
Karlheinz Weissmann

Das Wort „schwul“ hat Konjunktur. Frankreich ist „schwul“, wenn man den Kombinationen von Google glauben darf, und 79 Zentimeter Marschabstand in der Bundeswehr sind es, wenn sich der Feldwebel für unbeobachtet hält, und bunte Mützen auf Jungsköpfen, wenn die Mehrheit der Knaben Migrationserfahrung hat. Die Medien nehmen das zur Kenntnis, reagieren gleichermaßen hilflos und besorgt auf die bleibend „negative Konnotation“. Das ist nachvollziehbar angesichts der Menge an Geld, Energie und Gesetzgebung, die seit Jahren in die Propaganda für gleichgeschlechtliche Lebensweisen gesteckt wurde. Aber das betonte Nicht-Verstehen-Wollen dürfte kaum helfen. Manche Bevölkerungsgruppe bleibt aus prinzipiellen Gründen unerreichbar für die Botschaften, ganz egal, auf welcher Frequenz sie gesendet werden, und für die große Mehrheit hat der Abstand zwischen Realität und politisch-korrekten Glaubenssätzen ein Ausmaß erreicht, daß Subversion das letzte Mittel ist – oder vielleicht nur das vorletzte.

Das Ergebnis der Volksabstimmung in der Schweiz zum Thema Masseneinwanderung signalisiert dreierlei. Erstens: Solange der demos – mithin das Volk – seine Homogenität nicht vollständig eingebüßt hat, ist auf ihn Verlaß; zweitens: Es gibt eine wachsende Kluft zwischen dem Volk und der Politischen Klasse; drittens: Deren Loyalität gilt offenbar je länger je weniger den eigenen Leuten, als jenen Eliten, die irgendwelchen wolkigen Wertewelten verpflichtet sind, technokratischen Staatsmodellen oder ihrem Profit.

Alice Schwarzers Selbstgerechtigkeit in Sachen Steuerhinterziehung und das Verständnis dafür, Frau Professor Schavans geplante Berufung auf den Botschafterposten im Vatikan, die kleine Wiederkehr des Freiherrn zu Guttenberg am Rande der Sicherheitskonferenz in München – das alles sind Symptome der Feudalisierung unserer Politischen Klasse. Von Feudalisierung muß man aus zwei Gründen sprechen. Erstens: Die Doppelmoral ist so fest etabliert, daß die Elitären gar nicht mehr darauf kommen, daß die allgemeinen Regeln auch für sie gelten könnten; zweitens: Kein Mitglied des „neuen Adels“ fällt durch die Maschen; wer Gruppendisziplin hält, kriegt irgendwo eine Sinekure

Das Präsentieren der Zunge kann ausnahmsweise frech und harmlos wirken, wie bei Kindern oder dem alten Albert Einstein. Im Normalfall wirkt es obszön – wie bei Mick Jagger – oder aggressiv – wie bei der jungen Schauspielerin und Sängerin Miley Cyrus. Wahrscheinlich ist Aggressivität die Dominante, worauf auch hindeutet, daß das Zungezeigen zum Drohritual der kriegerischen Maori gehörte und als Emblem des europäischen Teufels wie der Hindu-Göttin Kali gilt. Neben den abgeschnittenen Männerhänden am Gürtel und den abgetrennten Männerköpfen ihres Halsschmucks ist die rote Zunge im wütenden, schwarzgefärbten Gesicht Kalis furchtbarstes Attribut. Dabei liegt die Assoziation mit dem Präsentieren der Geschlechtsorgane als magisches Abwehr- oder Angriffssignal merkwürdig nahe, genauso wie die Wahrnehmung des Beunruhigenden, Archetypischen in solcher Gestik, die sich verspielt gibt, ohne ihr zerstörerisches Potential verbergen zu können.

„… und das wäre ja ein ewiger Schandfleck für Deutschland, wenn wir Deutsche einmal mit Ernst anfingen deutsch zu denken, deutsch zu handeln, deutsch zu reden und gar deutsch zu – singen!“ (Wolfgang Amadeus Mozart)

Anmaßung ist das Schlimmste.

Die Aufforderung des sächsischen Ausländerbeauftragten Martin Gillo, die Autochthonen – die Noch-Mehrheit – sollten sich gegenüber den Einwanderern – der Noch-Minderheit – betont freundlich verhalten, weil die Einwanderer in absehbarer Zeit die Mehrheit und die Autochthonen die Minderheit stellen werden, ist an Naivität kaum zu überbieten. Denn nach menschlichem Ermessen wird die neudeutsche Willkommenskultur als Grundmuster für das Verhalten der zukünftigen Herren unseres Landes kaum eine Rolle spielen, eher die anhaltende Prägung durch die Maßnahmen, die man in ihren Herkunftsländern ergreift, um mit dissidenten Gruppen fertig zu werden. Wenn es gut geht, darf man vielleicht den Status eines Berbers in Marokko erwarten, wenn es schlecht läuft, den eines Kopten in Ägypten oder Griechen in der Türkei.

Bildungsbericht in loser Folge LI: An jeder achten Schule in Nordrhein-Westfalen gibt es keinen Schulleiter, in Niedersachsen können etwa 200 entsprechende Positionen nicht besetzt werden, bundesweit sind es 1.200; die Zahl der Vakanzen im Hinblick auf die Stellvertreter beträgt wahrscheinlich ein Vielfaches, Genaueres ist nicht bekannt, die Kultusministerien zieren sich bei der Herausgabe der Daten.

Die nächste „Gegenaufklärung“ des Historikers Karlheinz Weißmann erscheint am 28. Februar in der JF-Ausgabe 10/14.

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