© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  10/14 / 28. Februar 2014

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Frühjahrsputz im Bendlerblock
Paul Rosen

Eine Frau räumt auf. Dieses Bild läßt Ursula von der Leyen nur zu gerne von sich zeichnen. Nachdem sie für ihre Drohung in der vergangenen Legislaturperiode, in Sachen Frauenquote mit der Opposition zu stimmen, wegen Unbotmäßigkeit von Kanzlerin Angela Merkel ins Verteidigungsministerium gesteckt wurde, sorgt sie dort für Schlagzeilen.

Sie macht im Berliner Bendlerblock das, was sie schon im Arbeits- und davor im Familienressort am besten konnte: Sie verbreitet so viel Wind, daß kein Mensch mehr zur Ruhe kommt und sich selbst in den abgelegensten Dienstzimmern kein Körnchen Staub mehr auf den Schreibtischen absetzen kann. Zuerst hatte die CDU-Politikerin das Bild des Soldaten und vor allem der Soldatin umgekrempelt und mehr Zeit fürs Familienleben empfohlen. Jetzt kommt die Rüstung an die Reihe.

Nach Durchsicht der milliardenschweren Rüstungsprogramme befand die Ministerin, daß überall der Wurm drinsteckt und feuerte ihren zuständigen Staatssekretär Stéphane Beemelmans sowie Rüstungsabteilungleiter Detlef Selhausen. Zuvor mußte bereits Staatssekretär Rüdiger Wolf gehen. Schon wird von der Leyen als „kalte Kriegerin“ gelobt. Ihr Name steht für Tat-, Entschluß- und Führungskraft. Witze wie in den ersten Amtswochen macht keiner mehr: Von der Leyen könne als geübte Dressurreiterin künftig die Paraden vom Pferd aus abnehmen, hatte man zuerst in der Kantine über die neue Chefin gelacht.

Allerdings ist die Verteidigungsbranche nicht so einfach wie das Familienministerium, wo von der Leyen für Genderismus und Internetsperren zur Verhinderung von Kinderpornographie kämpfte. Die Bundesregierung ließ nach heftigen Protesten das entsprechende Gesetz nicht mehr anwenden, auch als sich herumsprach, daß die Sperrungen von Internetseiten ohnehin nichts bringen, sondern auch den Zugang zu Seiten ohne Pornographie behindern könnten. Von der Leyen hatte ihren Spitznamen weg: „Zensursula“.

Jetzt legt sich „Rüstungsuschi“ mit der Verteidigungsindustrie an. Ihr Lieblingsgegner dürfte bald Airbus-Chef Tom Enders werden, dessen Militärsparte prächtig auf Kosten des deutschen Steuerzahlers lebt. Deutsche Rüstungsprojekte der Nachkriegszeit haben vor allem drei Eigenschaften: Sie kommen bis zu zehn Jahre zu spät, sind doppelt so teuer wie geplant und funktionieren dann nicht richtig. Das ist nicht einmal ein Alleinstellungsmerkmal von Airbus, selbst wenn bei Flugzeugen und Hubschraubern das meiste Geld verbrannt wird. Auch Schiffe fahren nicht (Korvetten), und Panzer kosten plötzlich viel mehr (Puma).

Nur ob die Rüstungsbranche mit ihren zahlreichen Lobbyisten und Einflußmöglichkeiten sich so steuern läßt und Verträge sich so schnell ändern lassen, wie es der Ministerin in den Sinn kommt, ist eine ganz andere Frage. Aber wenn es von der Leyen gelänge, die Rüstungsbranche vom hohen Roß zu holen und die Nennung ihres Namens bei Enders & Co. zu Sodbrennen führt, hätte sie wenigstens etwas erreicht.

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