© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  10/14 / 28. Februar 2014

Grüße aus Prag
Ironie erbeten
Maria Pesekova

Der tschechische Humor gehört zu den wenigen Sachen, auf die die ewig skeptischen Tschechen wirklich stolz sind. Im Humor kennen sie kein Tabu und keine Autorität. Vor ein paar Jahren hätten sie in einer Fernsehumfrage eine Literatur- und Theaterfigur zum größten Tschechen ausgewählt, wenn sie nicht vorher als fiktive Figur aus dem Wettbewerb ausgeschlossen worden wäre.

Ein aktuelles Beispiel des tschechischen Sinnes für Satire ist die momentan beliebteste Comic- Serie „Bilder aus der tschechischen Geschichte“, die erstmals vor kaum zwei Jahren in einem Internetforum auftauchte.

Doch erst via Facebook (mit inzwischen über 34.000 „Likes“) sind die Comic strips zu einer erfolgreichen Geschichte geworden. Die erste Buchausgabe, die kurz vor Weihnachten erschien, entwickelte sich schnell zum Bestseller. Seit Ende Januar gibt es sogar im ehrwürdigen Prager Nationalmuseum eine Ausstellung der Bilder.

Was steckt hinter dem Erfolg der Comic strips, deren Autor in der Anonymität verbleibt?

Gegen jegliche politische Korrektheit sind die Tschechen resistent.

Die in vier Bilder untergliederten Comic strips sprühen vor Ironie. Verspottet werden vor allem die bekanntesten Persönlichkeiten der tschechischen Geschichte, wie Jan Hus als Symbol des tschechischen Nationalbewußtseins – und dadurch natürlich die Tschechen selbst. Auch der kommunistische Präsident Klement Gottwald bekommt sein Fett weg – er wird zu Demenz Guttwald umbenannt.

Als Gegenfigur zu Hus sticht Sigismund oder besser „Smikund“ von Luxemburg, der König von Böhmen, als positive Erscheinung hervor. Smikund, auf dessen Betreiben das Konzil von Konstanz einberufen wurde, schaut auf einem Strip mit großer Schadenfreude auf Jan Hus, der gerade im Feuer verbrennt. Ausgeschlossen sind aber auch die aktuellen Zeitgenossen nicht. So werden alle Homosxuellen in Rußland im „Putinkin“ Dorf versteckt. Und warum kam Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht nach Sotschi? Weil die Deutschen sowieso nicht weiter als nach Stalingrad kommen können.

Solchen Zynismus und krassen Humor mögen die Tschechen sehr. Je mehr die Witze und Ironie die Tabugrenzen übertreten, desto besser. Gegen jegliche politische Korrektheit sind die Tschechen resistent, was dann aber auch heißt, daß sie keinerlei Sinn für pathetische Aussagen haben.

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