© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  10/14 / 28. Februar 2014

Lob den Putzfrauen
Gesunder Menschenverstand: In Italien entsorgte eine Reinigskraft Kunstwerke, die sie für Müll hielt
Thorsten Thaler

Und schon wieder ist es passiert, diesmal in einer italienischen Galerie: Eine gründliche Putzfrau entsorgte Kunstwerke, die sie für Müll hielt. Der Schaden soll etwa 10.000 Euro betragen. Die Ausstellung „Display Mediating Landscape“ in der Galerie Sala Murat im süditalienischen Bari sollte Besucher zum Nachdenken über das Thema Umwelt anregen. Die Reinigungskraft hielt die Installation des New Yorker Künstlers Paul Branca – auf dem Boden verteilte Keksstücke, Zeitungen und Pappkartons – für Abfall und räumte die Exponate kurzerhand weg. Wie sich das eben für eine gewissenhafte Putzfrau gehört.

Nun ist das beileibe kein Einzelfall. Immer wieder kommt es zu solchen „Mißverständnissen“. 2011 schrubbte eine Putzfrau im Dortmunder Ostwall-Museum eine Installation des Künstlers Martin Kippenberger weg. 2004 war ein in der Londoner Nationalgalerie Tate Britain ausgestelltes Werk des deutschen Künstlers Gustav Metzger betroffen, 2001 eine Installation von Damien Hirst in der Eyestorm Gallery ebenfalls in London. Der bekannteste Fall ereignete sich bereits 1986, als eine Putzfrau in der Düsseldorfer Kunstakademie die „Fettecke“ von Joseph Beuys wegschrubbte.

Natürlich ist die Aufregung jedesmal groß, und der Schaden zum Teil beträchtlich. Doch kann man den Putzfrauen wirklich einen Vorwurf machen? Oder zeichnet die Fachkräfte des Reinigungsgewerbes nicht eher der gesunde Menschenverstand aus? Wer Müll zu einem Kunstwerk erklärt und dieses ausstellt, müßte eigentlich noch viel häufiger auf resolute Putzfrauen treffen.

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