© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  10/14 / 28. Februar 2014

Frisch gepresst

Purpurland. Im Deutschen Reich konzentrierte sich die katholische Bevölkerung in Bayern, im Rhein- und Münsterland, in Oberschlesien und in der ostpreußischen Diaspora des Ermlandes. Auf der Konfessionskarte im vorderen Innendeckel von Joachim Kuropkas Sammelband über die „Grenzen des katholischen Milieus“ um 1933 heben sich diese Regionen in purpurner Farbe ab. Im hinteren Innendeckel, mit der Deutschlandkarte, die die Stimmenanteile der Reichstagswahl vom 5. März 1933 illustriert, ist das Purpurland weiß, da hier weniger als dreißig Prozent für die NSDAP votierten. Trotzdem läßt sich aus dem Kartenvergleich nicht die simple Formel ableiten, katholischer Glaube immunisiere gegen völkische Ideologie. Denn in den meisten Kreisen Oberbayerns und Oberschlesiens wie im ermländischen Kreis Allenstein gewinnt die Hitler-Bewegung im März 1933 bis zu fünfzig Prozent der Stimmen. Fünfzehn Historiker versuchen in Kuropkas Band zu erklären, woraus sich diese großen regionalen Differenzen in der politischen Stabilität und Resistenz katholischer Milieus ergaben. (wm)

Joachim Kuropka (Hrsg.): Grenzen des katholischen Milieus. Stabilität und Gefährdung in der Endphase der Weimarer Republik und der NS-Zeit. Aschendorff Verlag, Münster 2013, gebunden, 552 Seiten, 39 Euro

 

Ausnahmezustand. Zu den berühmtesten Slogans aus dem Fundus der Büchmann-reifen Sentenzen Carl Schmitts zählt aus der „Politischen Theologie“ das schneidige Diktum: „Souverän ist, wer über den Ausnahmezustand entscheidet.“ Allein diese Feststellung kann auf eine beinahe 100jährige Deutungstradition verweisen. Daß sich trotzdem noch neue Aspekte auftun, dokumentiert die von Rüdiger Voigt edierte Aufsatzsammlung über Schmitts Lehre von der kommissarischen Diktatur, deren ureigenstes Element der Ausnahmezustand ist. Der Inhalt ist untergliedert in eine ideengeschichtliche Verortung, die auf Machiavelli, Bodin und Hobbes zurückführt, in einen Teil, der sich auf Schmitts Ausnahme-Denken konzentriert, und einen Teil, der vier Untersuchungen zu jüngeren zeithistorischen und aktuellen Erscheinungsformen des Phänomens enthält, wobei die „Beobachtungen zum Drogenkrieg in Mexiko“ von Jochen Kleinschmidt („Ausnahmezustand, organisierte Kriminalität und sozialer Wandel“) sicher zuerst die Aufmerksamkeit des Lesers fesseln werden. (wm)

Rüdiger Voigt (Hrsg.): Ausnahmezustand. Carl Schmitts Lehre von der kommissarischen Diktatur. Nomos Verlag, Baden-Baden 2013, broschiert, 265 Seiten, 29 Euro

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