© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/14 / 07. März 2014

Kroatien wirft Serbien in Den Haag Völkermord vor
Zurück in die Zukunft
Thorsten Brückner

Gute Nachbarschaft sieht anders aus. Fast 20 Jahre nach Ende des Jugoslawien-Kriegs stehen sich zwei der damaligen Konfliktparteien vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag gegenüber. Kroaten und Serben beschuldigen sich dabei gegenseitig des Völkermordes. Bei den bis Anfang April dauernden Anhörungen geht es nicht um die Schuldfrage. Daß im Frühjahr 1991 die Aggression von Belgrad ausging, wird niemand ernsthaft bezweifeln können. Die von Serben geführte jugoslawische Bundesarmee verübte damals in Slawonien eine ethnische Säuberung an den dortigen Kroaten.

Aber auch die kroatische Regierung hat keinen Grund, im Zagreber Glashaus mit Steinen zu werfen. Die Ermordung und Vertreibung von Zehntausenden Serben aus der Krajina kann nur als Kriegsverbrechen bezeichnet werden. Den Tatbestand des Völkermords erfüllen aber wohl beide Fälle nicht. Die kroatische Führung hätte gut daran getan, auf Angebote der serbischen Seite einzugehen. Beide Länder sollten ihre Vorwürfe fallenlassen. Völkerrechtsexperten sind sich sicher, daß beide Klagen ebenso wie eine ähnliche Klage Bosnien-Herzegowinas gegen Serbien aus dem Jahr 2007 abgewiesen werden. Wenn bei der Anhörung kein Kompromiß gefunden wird, steht der Verlierer bereits vor dem Urteil fest: die guten Beziehungen beider Länder, die für die Zukunft des westlichen Balkans so entscheidend sind.

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