© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/14 / 07. März 2014

Die deutsche Staatsquote ist mit 45 Prozent immer noch zu hoch
Von Lettland lernen
Thorsten Brückner

Bei einer Staatsquote von 50 Prozent beginnt der Sozialismus“, sagte einst der Kanzler, der mit 54 Prozent im Jahr 1995 bis heute den Rekord bei der Staatsquote hält. Die Staatsquote, die die Ausgaben der Regierung im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt angibt, ist seit je her ein guter Indikator für den Grad an ökonomischer Freiheit eines Landes.

Daß die Bundesregierung nun eine Staatsquote von fast 45 Prozent als Erfolg bejubelt, beweist wie die Maßstäbe im Land von Ludwig Erhard verrückt sind. Unter dem Vater der Sozialen Marktwirtschaft wies das Land einst einen Staatsanteil von nur 32,9 Prozent am Bruttoinlansprodukt aus. Die Jubelschreie sind gleichzeitig der Offenbarungseid einer Regierung ohne wirtschaftspolitisches Konzept. Daß nur private Unternehmen wirtschaftliches Wachstum generieren, sollte gerade mit Blick auf die Länder mit einer noch höheren Staatsquote als der Bundesrepublik jedem ins Auge fallen. Es zeugt nicht vom Selbstbewußtsein der früheren Wirtschaftsmacht Deutschland nun darauf zu verweisen, daß in Ländern wie Griechenland und Italien die Staatsquote noch höher ist.

Eine Regierung, die sich schon nicht mehr an Ludwig Erhard orientieren will, sollte zumindest die Realitäten in anderen europäischen Staaten zur Kenntnis nehmen: Mit einer Staatsquote von rund 36 Prozent beweist das kleine Lettland, daß es möglich ist, sich durch radikale Ausgabenkürzungen innerhalb weniger Jahre von einem Pleitestaat zum Wirtschaftswunderland zu mausern, mit Wachstumsraten von bis zu sieben Prozent. Oder wie wäre es mit der Schweiz, die trotz einer den Export bremsenden starken Währung die Wirtschaftskrise nach 2008 fast unbeschadet überstanden hat: Ob die Staatsquote von unter 35 Prozent damit etwas zu tun hat? Übrigens: Selbst im angeblich so totalitären Rußland ist die Leine des Staates kürzer. Mit rund 38 Prozent steht es um die wirtschaftliche Freiheit dort um einiges besser als hierzulande.

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