© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/14 / 07. März 2014

Zeitschriftenkritik: Philosophie Magazin
Überforderung durch Überinformation
Werner Olles

In das hochkomplexe Gedankenreich der Inka führt ein interessanter Beitrag in der aktuellen Ausgabe (Februar/März, 2/2014) der zweimonatlich erscheinenden Zeitschrift Philosophie Magazin. 500 Jahre nach ihrer Auslöschung durch die spanischen Konquistadoren fasziniert uns diese Zivilisation immer noch. Dabei wissen wir über das Denkuniversum dieses Volkes, das monumentale Pyramidenstädte errichtete, aber auch Arithmetik und Schriftsysteme, immer noch recht wenig. Die philosophische Spurensuche in Peru führt den Leser zu den Ruinen der alten Inkastadt Ollantaytambo in ein auf fast 3.000 Meter Höhe liegendes Tal, das man in den Faltblättern der Reisebüros auch das „Heilige Tal der Inkas“ nennt. Nicht weit von hier gibt es eine Art Nabel aus konzentrischen Kreisen, die sich in ein Plateau senken: Moray, ein agrarwissenschaftliches Laboratorium der Inka in Form einer in den Boden gestülpten Pyramide, während die nahe gelegene Pyramide von Pacaritambu als riesige Sonnenuhr diente. Im Denkuniversum der Inka scheint demnach alles miteinander verflochten, Kosmos, irdische Geographie, Landwirtschaft, der Sonnenkalender, die Architektur, die Kult- und Wohnstätten, alles wurde in einer ehernen Einheit wahrgenommen, die sich zu einem Begreifen der Welt als ein Ganzes emporschwang.

Mit den zahlreichen Ablenkungen durch Multitasking und medialem Dauerfeuer befassen sich im Schwerpunktthema gleich mehrere Autoren. Zwar gewichten sie diese Problematik durchaus unterschiedlich, doch gemeinsam ist allen die Sorge vor einer Überinformation, die im Grunde unsere neuronalen Netze permanent überfordert und uns schließlich auch aus dem seelischen Gleichgewicht bringen kann. Da ist die Empfehlung angesichts der täglich auf uns niederprasselnden Informationen aus Fernsehen, Internet und selbstgebastelten Ablenkungsstrategien doch Gelassenheit zu üben, gewiß gut gemeint, reicht aber vermutlich längst nicht mehr aus. Während einige Wissenschaftler der Meinung sind, daß die relativ neuen Krankheitsbilder Burn-out und das vor allem bei Schulkindern immer häufiger diagnostizierte ADHS die Folgen eines durch zuviel Ablenkung dezentrierten Ichs sind, geben andere Forscher Entwarnung. Mit der Zeit könne man durchaus lernen, mit der Überinformation umzugehen, die geschilderten Gefahren würden stark übertrieben. Doch ist die Einflußnahme der medialen Netzwerke auf Gemüt und Verstand des Menschen für seine psychische Verfassung wirklich so harmlos? Und ist man bei all den verführerischen Angeboten an Ablenkung, wenn es darauf ankommt, eine wichtige Entscheidung zu treffen, dazu mental überhaupt noch in der Lage?

Ein weiterer Beitrag beschäftigt sich mit den Abhörmethoden der internationalen Nachrichtendienste und dem daraus folgenden Vertrauensverlust der Bürger in die Schutzfunktion und Fürsorgepflicht des Staates und seiner Institutionen.

Kontakt: Philomagazin Verlag, Brunnenstr. 143, 10115 Berlin. Telefon: 030 / 6 09 85 82 19. Das Einzelheft kostet 6,90 Euro, ein Jahresabo 36 Euro. www.philomag.de

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