© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/14 / 07. März 2014

Frisch gepresst

Konservatismus. In Deutschland sei der Konservatismus weder intellektuell akzeptiert noch mit dem Selbstbewußtsein ausgestattet, das angelsächsischen Konservativen eigne. Wer hierzulande als Konservativer Stellung beziehe, stehe gegen einen „als feindselig empfundenen Zeitgeist“. So umschreiben Michael Großheim und Hans Jörg Hennecke die Ausgangsposition für ihren Sammelband über „Staat und Ordnung im konservativen Denken“. Die ideenhistorischen, bis ins 18. Jahrhundert zurückführenden Aufsätze liefern weniger neue Deutungen als orientierende Überblicke, die sich bei Dominik Geppert und Till Kinzel auch auf den britischen Konservatismus erstrecken. Zum Schluß überrascht der Bonner Politologe Volker Kronenberg in seinem Essay über den „Patriotismus-Diskurs in der Berliner Republik“ mit dem Befund, hierzulande herrsche Konsens über die Notwendigkeit eines verbindlichen Wertefundaments, das das multikulturalistische Modell gleichberechtigter Parallelkulturen ausschließe. Die jüngste „Doppelpaß“-Agitation oder die Unfähigkeit dieses Staates, simple Platzverweise gegen illegale Asylbewerber zu vollstrecken, entlarvt Kronenbergs „weltoffenen ‘Patriotismus 2.0’“, ohnehin mit reichlich Devotion gegenüber der neuen Vielfalt von Multikulti gespickt, jedoch als pures Wunschdenken. (wm)

Michael Großheim, Hans Jörg Hennecke (Hrsg.): Staat und Ordnung im konservativen Denken. Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2013, broschiert, 381 Seiten, 49 Euro

 

Schlesisches Berlin. Die Hauptstadt des jungen Kaiserreiches vervierfachte bis Anfang des 20. Jahrhunderts ihre Einwohnerzahl. Dabei profitierte Berlin vor allem vom Zuzug aus Ostdeutschland, besonders aus Schlesien. Daß die Bewohner dieser Provinz besonderes Augenmerk erlangten – man spottete damals, jeder zweite Berliner sei Schlesier –, lag vielleicht auch am katholischen Glauben, den viele von der oberen Oder in die protestantische Metropole mitbrachten. Wie Roswitha Schieb hervorhebt, prägten aber auch viele Prominente aus Berlins wichtigstem Hinterland, vom Baumeister Carl Gotthard Langhans über den Industriellen August Borsig bis zum Maler Adolph Menzel, ihre neue Heimat an der Spree. In ihrem Buch nimmt sie den Leser bei diversen Stadtspaziergängen mit auf eine ergiebige Spurensuche. (bä)

Roswitha Schieb: Jeder zweite Berliner. Schlesische Spuren an der Spree. Deutsches Kulturforum östliches Europa, Berlin 2013, gebunden, 384 Seiten, 19,80 Euro

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