© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/14 / 07. März 2014

Umwelt
Auf Sand gebaut
Heiko Urbanzyk

Wenn es etwas wie Sand am Meer gibt, wollen wir damit sagen, daß eine Sache im Überfluß vorhanden ist. Das mag für vieles gelten, aber ausgerechnet nicht für Sand. Nicht für Sand? Genau, denn Sand ist nicht gleich Sand. Wer siliziumreichen Sand für die Elektroindustrie oder Quarzsande für das Baugewerbe nutzen möchte, sollte seine Bagger nicht in die Wüste Gobi schicken. Deren Ausbreitung und Sandstürme plagen zwar die Einwohner Pekings, nützen der chinesischen Industrie aber nichts. Wüstensand ist aufgrund seiner Zusammensetzung für die Herstellung von Beton oder Glas ungeeignet. Gefragt ist Meersand.

Laut dem französischen Journalisten und Dokumentarfilmer Denis Delestrac tobt deshalb bereits ein weltweiter Krieg um Sand. Städte wie Istanbul, Singapur und Dubai, in denen ein regelrechter Baurausch zu Beton- und Glaspalästen führt, sind dringend auf Importe angewiesen. Exporteure wie Vietnam und Indonesien können das Geld zwar gebrauchen, stellten jedoch die Ausfuhr wegen der ökologischen Folgeschäden ein.

In Marokko transportierte die Sandmafia ganze Strände mit Eseln ab.

Delestrac fand heraus, daß der illegale Sandhandel aufgrund der Nachfrage der Baumetropolen blüht. Der Franzose filmte unter anderem in Mauritius, das aufgrund illegaler Sandförderung im Meer absinkt. Einige Inseln mußten evakuiert werden. Die Insulaner drängeln sich zunehmend in der Hauptstadt Port Louis, was zu sozialen Spannungen führt. In Marokko transportierte die Sandmafia ganze Strände mit Eseln ab. Wer darüber mit der Presse spricht, muß um sein Leben fürchten.

Man erinnert sich vielleicht noch an euphorische Stimmen aus der Solarenergiebranche. Die verkündete einst, für die Herstellung von Solarmodulen würden die Rohstoffe niemals ausgehen, denn Sand gebe es schließlich mehr als genug. Diese Hoffnung war wohl auf Sand gebaut.

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