© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/14 / 14. März 2014

Israel erhöht die Sperrklausel bei Knessetwahlen
Demokratische Gretchenfrage
Thorsten Brückner

FDP und AfD können ein Lied davon singen: Sperrklauseln sind ein probates Mittel der etablierten Parteien, sich unliebsame Konkurrenz vom Hals zu halten. Das ist undemokratisch. In Israel ist es mehr als das: Mit der Anhebung der Sperrklausel von zwei auf 3,25 Prozent legt Premierminister Netanjahu die Lunte an Israels sensibel austariertes demokratisches System. Die drei derzeit in der Knesset vertretenen arabischen Parteien werden es bei der nächsten Wahl schwer haben, erneut ins Parlament einzuziehen. Für eine Vereinigung sind die Interessen zu verschieden. Es gehört zur Funktion eines Parlaments, Minderheiten abzubilden und ihnen Gehör zu verschaffen.

Jeder fünfte Israeli ist Araber. Deren Stimmen in den Papierkorb zu werfen, wird nicht zur ohnehin schon geringen Akzeptanz des jüdischen Staates unter dieser Gruppe beitragen. Außenminister Lieberman, der Drahtzieher hinter der Reform, goß nach der Abstimmung gar noch zusätzlich Öl ins Feuer und nannte die elf Abgeordneten der arabischen Parteien „Repräsentanten von Terroristen“. Gerne mischt sich Israel in die Angelegenheiten anderer Staaten ein. Ob Ungarn oder Ukraine: Stets ist man in Jerusalem um Minderheiten besorgt – vorausgesetzt, diese sind jüdisch. Aber wie hält Israel es mit den Minderheiten im eigenen Land? Die Repräsentanz von Arabern in der Knesset könnte sich zur Gretchenfrage der israelischen Demokratie entwickeln.

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