© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/14 / 14. März 2014

Raubzüge gegen das Volk
Südafrika: Das Staatswesen am Kap leidet unter einer massiven Korruption der politischen Führung
Yorck Tomkyle

Das hatte sich Jacob Zuma etwas anders vorgestellt, als er bei der Planung des ihm als südafrikanischen Präsidenten zustehenden „Sicherheits-Upgrades“ seines Privatwohnsitzes beschloß, den vielbeschworenen „afrikanischen Weg“ zu gehen.

Ganz in der Tradition afrikanischer Potentaten hatte er die Gelegenheit genutzt, um sein Wohnhaus im beschaulichen Nkandla in KwaZulu-Natal auf Kosten des Steuerzahlers auch im Hinblick auf die luxuriöse Ausstattung ein wenig aufzumotzen.

Günstlingswirtschaft gefährdet die Entwicklung

Der als Feuerlöschteich deklarierte Swimmingpool, der Viehkraal, das Amphitheater, die vielen Häuser für Familie und Gäste, sowie das Besucherzentrum trieben die Kosten allerdings auf astronomische 215 Millionen Rand (14,5 Millionen Euro), so daß schließlich der Public Protector darauf aufmerksam wurde und Ermittlungen einleitete.

Es half Zuma auch nicht, daß er mit einer gewissen kriminellen Energie versucht hatte, seinen fiskalischen Raubzug zu verschleiern, indem er kurzerhand seinen privaten Architekten an die Spitze der ausführenden staatlichen Behörde berief und Baufirmen verschiedener Günstlinge mit der Ausführung der Arbeiten betraute – im Gegenteil: dadurch stiegen die Kosten nochmals um 40 Prozent, weil sich der Architekt und die Günstlinge nun ebenfalls hemmungslos bedienten. Die Presse bekam im weiteren Verlauf einen Tip, und so wurde der Skandal trotz massiven Drucks des ANC öffentlich.

In Zeitungen und Internet kursierten Grafiken, in denen die Kosten von Zumas Residenz genüßlich mit denen seiner Vorgänger verglichen wurden: Zuma führt mit weitem Abstand vor Mandela (zwei Millionen Euro) und Mbeki (800.000 Euro), während sich die Apartheids-Präsidenten De Klerk (16.000) und Botha (11.000 Euro) aus unerklärlichen Gründen sicherer gefühlt haben müssen als der amtierende Präsident.

In einem Land, in dem ein durchschnittlicher schwarzer Haushalt umgerechnet 400 Euro pro Monat verdient, ist so etwas schwer vermittelbar. Allerdings erwarten viele Südafrikaner gar nichts anderes mehr von ihren politischen Führern. Das Land hat sich in den letzten zwanzig Jahren zu einer derart massiven Kleptokratie entwickelt, daß es sogar einen eigenen Wikipedia-Eintrag unter dem Stichwort „Corruption in South Africa“ gibt.

Es gibt zwei Hauptströmungen von den Staat zersetzender Korruption: Tenderpreneurism beschreibt das Phänomen der Vergabe von staatlichen Aufträgen an persönlich bekannte oder gar verwandte Unternehmer – eine Praxis, die aufgrund der komplexen persönlichen Verflechtungen afrikanischer Gesellschaften extrem schädliche Auswirkungen zeitigt.

BEE-Fronting meint die Praxis, staatlich verordnete Quoten für schwarze Führungskräfte auf Kosten der Qualität zu erfüllen, um an staatliche Aufträge zu kommen.

Diese Hauptströmungen führten im Verein mit der klassischen Korruption zu einem Geflecht an Günstlingswirtschaft, Inkompetenz, Gewalt und Gier, das den Staatsapparat auf allen Ebenen zunehmend lähmt und die Wirtschaft stranguliert.

Da von diesem System vor allem die herrschende schwarze Kaste profitiert, ist nicht zu erwarten, daß sich daran so bald etwas ändert. Im Gegenteil: Den unzufriedenen schwarzen Massen wird notorisch die weiße Minderheit als Sündenbock präsentiert, während die Gier der schwarzen Elite immer größer wird.

Letzteres ist auch unschwer am Korruptionsindex von Transparency International (CPI) auszumachen: 1995, ein Jahr nach der Machtübernahme durch den ANC, lag Südafrika noch auf Platz 21 (Deutschland: Platz 13). Im Jahr 2010 war es bereits Platz 54 (Deutschland: 15) und 2013 war das Land auf Platz 72 noch hinter Kuba, Georgien und Rumänien abgestürzt (Deutschland: 12).

Negativschlagzeilen über die Mandela-Familie

Die kurze Geschichte der selbsternannten Regenbogennation liest sich – im Gegensatz zu den internationalen Lobeshymnen, die einmal mehr anläßlich der Beerdigung Mandelas angestimmt wurden – wie eine Anleitung zur Zerstörung eines Staatswesens durch Korruption, und es ist nur ein trauriger Höhepunkt in dieser Geschichte, daß ausgerechnet ein Mann wie Zuma trotz der bis dahin 700 Korruptionsanklagen gegen ihn in das höchste Amt gewählt worden ist.

Die Pointe dabei ist, daß er zum Teil gerade deswegen gewählt wurde – verstand er es doch vor der Wahl geschickt, sich als Justizopfer zu stilisieren und lauthals dunkle (weiße) Mächte hinter den Anschuldigungen gegen ihn zu vermuten. Selbst ein Prozeß wegen Vergewaltigung konnte ihm da nicht mehr schaden, zumal er augenzwinkernd und erneut erfolgreich an das afrikanische Männlichkeitsideal appellierte.

Kurz vor der Wahl wurden dann sämtliche Anklagen fallengelassen, so daß Spötter unken, Zuma habe sich nur wählen lassen, um dem Gefängnis zu entgehen.

Zuma ist zwar vielleicht der dreisteste, aber sicher nicht der erste südafrikanische Präsident der Post-Apartheids-Ära, der in den Korruptionssumpf verstrickt ist. Auch der Ersten Familie des Landes und sogar dem Patriarchen selbst wurden Verbindungen zu einem der größten Korruptionsskandale der jüngeren Geschichte des Landes nachgewiesen. Ende der neunziger Jahre beschloß die Regierung, verschiedene Waffensysteme der Streitkräfte für umgerechnet 4,8 Milliarden US-Dollar zu modernisieren. Dabei flossen bis zu 300 Millionen Dollar Schmiergelder an Regierungsmitglieder – ein beträchtlicher Teil davon in Stiftungen Nelson Mandelas und seiner Frau.

Regierungsmitglieder, die sich den „Geschäftsbedingungen“ damals nicht fügen wollten, wurden massiv bedroht und aus der Regierung ausgeschlossen.

Mitglieder der Mandela-Familie machen mittlerweile ständig Negativschlagzeilen, was sich meist auf Erbstreitigkeiten oder ihren Jet-set-Lebensstil bezieht. Aber auch die Betrugs- und Korruptionsvorwürfe gegen Mandelas Erben häufen sich: So wurde einer der Enkel Mandelas bei einem betrügerischen Geschäft mit einer Goldmine ertappt, bei dem mehr als 3.000 Arbeiter um ihre Löhne geprellt wurden – sein Komplize war ein Neffe von Zuma.

Im April stehen nun die nächsten Wahlen an. Trotz steigender Unzufriedenheit mit diesen Verhältnissen ist nicht zu erwarten, daß der ANC seine Macht verliert.

Damit dürfte die Talfahrt des Landes weitergehen. Ob es das ist, was die westlichen Staatschefs meinten, als sie die neue Elite Südafrikas Ende letzten Jahres unisono für ihre Leistungen seit dem Ende der Apartheid lobten?

Foto: Südafrikas Präsident Jacob Zuma hat gut lachen: Auch 700 Korruptionsanklagen konnten seinen Weg ins höchste Staatsamt nicht verhindern

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