© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/14 / 14. März 2014

Verteidiger der Sozialen Marktwirtschaft
Verbandstreffen: Wie der Deutsche Bauernbund die klassischen Familienbetriebe retten will
Christian Vollradt

An der aktuellen Agrarpolitik haben sie einiges auszusetzen, und das machten die Mitglieder des Deutschen Bauernbundes (DBB), die sich am vergangenen Donnerstag im brandenburgischen Rangsdorf zu ihrem Bauerntag trafen, sehr deutlich. „Mit unserem Ja zur Kappung und unserem Nein zum Greening haben wir uns in zwei wesentlichen Punkten nicht durchgesetzt“, stellte Karsten Jennerjahn, Präsident des gastgebenden Brandenburger DBB, in seiner Eröffnungsrede mit Blick auf die europäische Agrarreform ernüchtert fest.

Denn darin hatte die Europäische Union festgelegt, daß die Direktzahlungen an die Landwirte einerseits an bestimmte Auflagen gebunden sind, dem sogenannten „Greening“: Grünland kann künftig nicht mehr ohne weiteres in Ackerland umgewandelt werden, außerdem gelten künftig drei Prozent der Fläche als „ökologische Vorrangflächen“, auf denen nichts oder nur Zwischenfrüchte angebaut werden dürfen und der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln stark eingeschränkt wird. Die Bauern sehen darin eine bürokratische Beschränkung, die sie ihrer unternehmerischen Freiheit beraubt.

Andererseits hätten sich gerade die bäuerlichen Familienbetriebe, deren Sprachrohr der DBB ist, eine Kappung der Direktzahlungen ab einer bestimmten Hektarzahl gewünscht, die jedoch keinen Eingang in die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU fand. Sorge bereitet den DBB-Mitgliedern, daß sie auch dadurch weiter ins Hintertreffen gegenüber den Großbetrieben geraten.

Präsident Kurt-Henning Klamroth nahm daher auch kein Blatt vor den Mund, als er gegen die politische und wirtschaftliche Bevorzugung der Nachfolgebetriebe der ehemaligen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) ausholte: Immer mehr von ihnen würden in eine GmbH umgewandelt und somit „in die Hände derer privatisiert, die unseren Eltern vorgehalten haben, sie seien Kapitalisten. Das sind die, die sich fremdes Eigentum in die Tasche stopfen!“

Über zwanzig Jahre nach der Wiedervereinigung seien die Mißstände und Ungerechtigkeiten bei der Aufarbeitung der kommunistischen „Bodenreform“ und Zwangskollektivierung nicht behoben, wenn jetzt Agrargesellschaften mit einem hohen außerlandwirtschaftlichen Fremdkapitalanteil die Bodenpreise so nach oben treiben, daß sie für Familienbetriebe unbezahlbar seien, beklagte der DBB-Präsident. „Die bäuerliche Landwirtschaft ist weltweit die am besten funktionierende Betriebsform, sie ist am leistungsfähigsten und umweltverträglichsten, denn sie handelt generationenübergreifend“, so Klamroth, der einen Ackerbau- und Milchviehbetrieb in der Nähe von Quedlinburg hat.

Vehement weist der Bauernbund die Bezeichnung „Mehrfamilienbetrieb“ für agrarindustrielle Großbetriebe zurück; dies sei Etikettenschwindel, da sie weder im Steuerrecht noch hinsichtlich der Haftung analog zu den Familienbetrieben stehen. Klamroth wandte sich auch gegen eine weitere Liberalisierung: „Die Regeln, denen die Märkte unterliegen, werden von mächtigen Lobbyisten geschrieben. Die Soziale Marktwirtschaft funktioniert nur im nationalstaatlichen Rahmen.“

Scheinheilig nannte der Bauernbundpräsident die Klage der Landespolitik über die Verödung des ländlichen Raumes. Daran seien vor allem die falschen politischen Weichenstellungen schuld. Die privaten Bauern seien diejenigen, die das gesellschaftliche Leben in den Dörfern aufrechterhielten, die sich freiwillig engagierten.

Um die Hofnachfolge zu sichern, müßte ein landwirtschaftliches Sondererbrecht (wie in einigen westdeutschen Bundesländern) eingeführt werden. „Klugen und fleißigen Nachwuchs haben wir“, so Klamroth; hundert Prozent der DBB-Mitlgieder haben mindestens ein Kind, 66 Prozent sogar mehr als eins. „Wir sind der Berufsstand mit besonderer Freude am Kinderzeugen“, unterstrich Klamroth augenzwinkernd, aber nicht ohne Stolz. Georg Häusler, aus Österreich stammender Kabinetts-chef von EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos, unterstrich in seiner Rede vor dem Bauerntag, es komme nun darauf an, das Beste aus der Reform zu machen.

Die zu Beginn der Debatte in Europa geforderte Kürzung des Agrarbudgets um 30 Prozent habe man erfolgreich verhindert. Ökologische Vorrangflächen hätten zudem geholfen, den gesellschaftlichen Rückhalt für die Landwirtschaft zu stärken. Und bezüglich der verhinderten Kappungsgrenze nannte Häusler die aus seiner Sicht Verantwortlichen: „Diese Debatte haben Sie nicht in Berlin oder in Brüssel verloren, sondern in den neuen Bundesländern, deren Landwirtschaftsminister haben sich leider als beratungsresistent erwiesen.“

Der Kabinettschef betonte, daß die in Europa produzierten Lebensmittel hervorragende Qualität zu günstigen Preisen böten. Bei allen Verhandlungen über Freihandelsabkommen gehe es deswegen darum, einerseits diesem Exportinteresse gerecht zu werden, andererseits aber auch darum, das europäische Landwirtschaftsmodell zu schützen, das in erster Linie auf dem bäuerlichen Familienbetrieb beruhe.

In der Diskussion beklagten einige Teilnehmer das schlechte Image der Bauern: „Für viele sind wir doch ohnehin nur die Luftverpester, Tierquäler, Bodenvergifter“, meldete sich eine Stimme aus dem Plenum. Während Umweltverbände und andere Nichtregierungsorganisationen längst große Lobbys seien mit zahlreichen hauptamtlichen Mitarbeitern, habe man selbst lediglich eine Interessenvertretung mit nach Feierabend engagierten Ehrenamtlichen: „Wer ist da also David und wer Goliath?“

 

Konservativ und Heimatverbunden

Der Deutsche Bauernbund (DBB) ist die berufsständische Interessenvertretung der bäuerlichen Familienbetriebe. Gegründet wurde der DBB im Juni 1999, Vorläufer war die Arbeitsgemeinschaft der privaten Bauernverbände Ostdeutschlands. Im Selbstverständnis heißt es: „Bauer heißt nur der selbsthaftende Eigentümer eines Hofes. Damit ist jeder Bauer ein Landwirt, aber nicht jeder Landwirt ein Bauer.“ Der Bauernbund grenzt sich somit ab vom ungleich größeren Deutschen Bauernverband, dem in den neuen Bundesländern auch die aus den sozialistischen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) hervorgegangenen und von Geschäftsführern geleiteten Agrargenossenschaften angehören. Landesverbände des DBB gibt es in Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen.

Foto: Traktor aus Heuballen: Scharfe Kritik an den Nachfolgebetrieben der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG)

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