© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/14 / 14. März 2014

Frisch gepresst

Krieg der Geister. Eine der schlimmsten Niederlagen des Ersten Weltkrieges erlitt das deutsche Kaiserreich nicht auf dem Schlachtfeld. So jedenfalls urteilten Historiker bereits in den 1920ern, wenn sie die Versäumnisse der Presse- und Nachrichtenpolitik anprangerten, die es vor allem den Briten ermöglicht habe, die „Weltmeinung“ zu formen und Deutschland als „Feind der Menschheit“ zu denunzieren. Die deutschen Künstler und Intellektuellen, denen lediglich schmale Einflußkanäle in den neutralen Staaten offenstanden, mußten darum ihren Dienst als Deuter und Sinnstifter darauf beschränken, den inneren Zusammenhalt der kriegführenden Gesellschaft im eigenen Land zu festigen. Um diese „intellektuelle Mobilmachung“ hat sich die Forschung sehr intensiv gekümmert. Der mit der Thematik vertraute Wissenschaftsmanager Steffen Bruendel, 2001 in Bielefeld mit einer soliden Arbeit über die seit 1914 diskutierten Ideen zur Neuordnung des Kaiserreichs promoviert, kann daher aus dem Vollen schöpfen. Entstanden ist ein gut komponiertes, vielleicht etwas zu zitatenfrohes Werk, das mit der deutschen Stimmungslage zwischen dem „Augusterlebnis“ 1914 und dem Matrosenaufstand im November 1918 vertraut macht. (ob)

Steffen Bruendel: Zeitenwende 1914. Künstler, Dichter und Denker im Ersten Weltkrieg. Herbig Verlag, München 2014, gebunden, 303 Seiten, Abbildungen, 19,99 Euro

 

Propaganda. „Das Wirkliche verfliegt wie der flandrische Nebel“, schrieb der Maler und Kriegsfreiwillige Fritz Steisslinger (geboren 1891). Aber was ist „das Wirkliche“ im Krieg? Wie Künstler sie erlebt, empfunden und verarbeitet haben, stellt ein zum Gedenkjahr 2014 wiederaufgelegter Bildband des Kunsthistorikers Bernd Küster dar. Das ansprechend gestaltete Werk war ursprünglich der Begleitband einer 2008 in Oldenburg gezeigten Ausstellung (JF 39/08). Dabei ist der Untertitel („Von der Propaganda zum Widerstand“) leider etwas irreführend; denn obwohl beide Aspekte, Propaganda wie auch der Pazifismus einiger Exponenten wie Heinrich Vogeler oder Käthe Kollwitz durchaus eine wichtige Rolle spielen, beschränkt sich die Darstellung gerade nicht auf die Extreme. Dem Grauen, das besonders in den Werken der Expressionisten zum Tragen kommt, stehen nicht nur die Auftragsarbeiten für die Heimatfront („Zeichnet Kriegsanleihen!“) gegenüber, sondern auch eher unprätentiöse, wenig spektakuläre Darstellungen des Alltags der Soldaten. (vo)

Bernd Küster (Hrsg.): Der Erste Weltkrieg und die Kunst. Von der Propaganda zum Widerstand. Merlin Verlag, Gifkendorf 2014, gebunden, 240 Seiten, Abbildungen, 28 Euro

 

Einkreisung. Der Publizist Bruno Bandulet analysiert die Außenpolitik Deutschlands vor 1914. Die Thesen in Richtung Fritz Fischer negierend, stellt er trotzdem die vielen Möglichkeiten eines Ausgleichs mit England und Rußland dar, die Berlin nicht wahrgenommen hatte. Nach 1905 wären diese Maßnahmen aber ohnehin wohl zwecklos gewesen, da England danach durch geschickte Bündnispolitik die Einkreisung Deutschlands beförderte und den wirtschaftlich aufstrebenden Rivalen politisch isolierte. Daß Politik aber nicht immer einem Masterplan gehorcht, weist Bandulet in sieben Kapiteln nach, in denen er immer wieder Parallelen zu heutigen Konflikten aufzeigt. Damals wie heute können teilweise eher unbedarfte außenpolitische Reflexe langfristige Auswirkungen nach sich ziehen. (te)

Bruno Bandulet: Als Deutschland Großmacht war. Kopp Verlag, Rottenburg 2014, gebunden, 304 Seiten, Abbildungen, 19,95 Euro

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