© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/14 / 14. März 2014

Frisch gepresst

Arno Schmidt. Spätestens seit seiner Goethepreis-Rede von 1973, als er mit Verweis auf seine 100-Stunden-Fron gewerkschaftliche Forderungen nach Arbeitszeitverkürzung verhöhnte und sich in abgrundtiefer Verachtung des BRD-Kulturbetriebs gefiel, galt Arno Schmidt (1914–1979), bis heute konkurrenzlos der sprachmächtigste deutsche Autor nach 1945, als „Reaktionär“, als Eremit, der in der Einsamkeit der Lüneburger Heide schlicht den Anschluß verpaßt habe. Trotzdem begann nach seinem Tod nicht das große Vergessen. Das als „hermetisch“ geschmähte Werk ist präsent geblieben, dank der Arno-Schmidt-Stiftung, die zudem seit dreißig Jahren die Leserschaft aus dem anscheinend unerschöpflichen Nachlaß bedient. So wie sie jetzt, zum 100. Geburtstag des Meisters, einen stattlichen Band seiner Briefe vorlegt. Schwerpunkt dieser vom Bargfelder Gralshüter Bernd Rauschenbach und Susanne Fischer edierten Ausgabe ist die Adenauer-Ära. Die Texte eignen sich, herkömmliche Schmidt-Klischees aufzulösen. Denn weder läßt sich der bekennende Atheist auf die ihm notorisch zugeschriebene Rolle als Kritiker der „abendländischen Restauration“ reduzieren, noch bestätigen seine oft zu Essays ausufernden Briefe das Gerücht vom misanthropisch-bücherfressenden „Schreckensmann“. (wm)

Arno Schmidt: „Und nun auf, zum Postauto“. Briefe von Arno Schmidt. Suhrkamp Verlag, Berlin 2014, gebunden, 295 Seiten, Abbildungen, 29 Euro

 

Bienen. Wenn es darum geht, ein breites Publikum für komplexe naturwissenschaftliche Sachverhalte zu interessieren, sind die Vermittlungskünste angelsächsischer Forscher kaum zu übertreffen. Dies stellt einmal mehr Thomas D. Seeley unter Beweis, der sich seit seiner Studienzeit mit der Sozialbiologe von Insekten beschäftigt, sich vor 30 Jahren auf Bienen konzentrierte und heute, als Professor für Neurobiologie und Ethologie an der New Yorker Cornell University, zum Kreis der international führenden Experten zählt. Die griffige These seines neuen Werkes behauptet, daß die in Gruppen organisierten kleinen sechsbeinigen Schönheiten zu demokratischer Entscheidungsfindung fähig sind. Dies schmeckt ein wenig nach Zeitgeistanbiederung, doch Seeleys konzentrierte, didaktisch vorzüglich aufbereitete Darstellung seiner langwierigen Experimente mit den Honigbienen zerstreut bereits nach kurzer Lektüre solche Befürchtungen. (ck)

Thomas D. Seeley: Bienendemokratie. Wie Bienen kollektiv entscheiden und was wir davon lernen können. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2014, 318 Seiten, Abbildungen, 22,99 Euro

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen