© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/14 / 21. März 2014

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Frischluft für die Kellerkinder
Marcus Schmidt

Das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages umgibt die Aura des Geheimnisvollen. Das Gremium, das in der Regel nur jede zweite Sitzungswoche des Parlamentes zusammenkommt, tagt stets hinter verschlossenen Türen – in einem abhörsicheren, fensterlosen Raum im Keller des Jakob-Kaiser-Hauses gegenüber dem Reichstag. Die Geheimniskrämerei hat ihren Grund: Die neun Bundestagsabgeordneten die dem „PKGr“ angehören, sind für die parlamentarische Kontrolle der drei deutschen Geheimdienste zuständig.

In der vergangenen Legislaturperiode hat sich bei den Abgeordneten eine Menge Frust angesammelt. Immer wenn Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst (BND) oder der Militärische Abschirmdienst (MAD) in die Schlagzeilen gerieten – und Anlässe gab es in Zeiten des NSU-Untersuchungsausschusses und der NSA-Affäre mehr als genug –, erfuhren es die Kontrolleure oft aus der Zeitung. Ihnen blieb dann meist lediglich die Aufgabe, bei den Diensten „dumm hinterherzufragen“, wie es Burkhard Lischka, der für die SPD in dem Gremium sitzt, in der vergangenen Woche formulierte. Gemeinsam mit dem Vorsitzenden des Kontrollgremiums, Clemens Binninger (CDU), stellte Lischka einige Reformen vor, mit denen die Kontrolleure nun ihre „Waffen schärfen“ wollen.

Künftig sollen die neun Bundestagsabgeordneten etwa den mehreren tausend Mitarbeitern der Geheimdienste nicht mehr alleine gegenüberstehen. Ihnen wird ein „operativer Stab“ aus zunächst fünf Mitarbeitern zur Seite gestellt. Diese sollen im Auftrag der Parlamentarier, und mit den gleichen Rechten wie diese ausgestattet, bei den Nachrichtendiensten Akten einsehen und Mitarbeiter befragen dürfen, um mögliche Rechtsverstößen aufzuklären. Hierfür wurde die unter Verschluß gehaltene Geschäftsordnung des Kontrollgremiums entsprechend geändert, berichtete Binninger, der von einem „Kulturwandel“ und einer neuen Qualität der Kontrolle der Geheimdienste sprach. Nun müsse man nicht mehr nur nachvollziehen, was die Presse über BND, MAD oder Verfassungsschutz berichte, sondern könne eine „proaktive Form der Kontrolle“ ausüben. Ein Schwachpunkt sei bisher gewesen, daß sich die Parlamentarier nur äußerst selten direkt „vor Ort“ bei den Geheimdiensten informiert hätten, räumte Binninger ein.

Insgeheim erhofft sich das Gremium, daß die „Quellen“, die bisher die Medien über Fehlentwicklungen in den Geheimdiensten unterrichtet haben, künftig auch die Ermittler des Parlamentarischen Kontrollgremiums mit heißen Informationen versorgen. Damit dies auch klappt, hat Burkhard Lischka schon ein ganz konkretes Anforderungsprofil für die künftigen Mitarbeiter im Kopf. Er wünsche sich eine Mischung aus „Trüffelschwein und Terrier“. Bewerbungen würden ab sofort entgegengenommen werden.

Die Öffentlichkeit wird allerdings auch in Zukunft nur wenig von der Arbeit der neun Parlamentarier mitbekommen. Auch künftig unterliegen die Sitzungen der Geheimhaltung, so schreibt es das Gesetz vor.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen