© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/14 / 21. März 2014

Magisches Dreieck
Bankenpleite: Die Hypo Alpe Adria droht Österreich in den wirtschaftlichen Abgrund zu ziehen
Thomas Bachheimer

Österreich gilt bislang als eines der stabileren Länder im Euro-Raum. Die Wirtschaft gilt als gesund, die Staatsfinanzen nicht so aus dem Ruder wie in Südeuropa. Aber das könnte sich ändern. Grund ist der Skandal um die Hypo Alpe Adria (HAA), bei der auch deutsche Politiker und Banker kräftig mitgemischt haben.

Die HAA, eine mit Landesbürgschaften gesegnete Bank, ist schon vor fünf Jahren ins Trudeln geraten. Sie wurde mit Staatsgeldern gerettet und danach unnötigerweise notverstaatlicht. Obendrein konnte sie nicht ordnungsgemäß abgewickelt werden, es fehlte am politischen Willen und dem juristischen Rüstzeug. Über die Jahre häufen sich die kolportierten Schadenssummen, die Gerüchte, die Ausreden, die unangenehmen Entdeckungen – aber vor allem der Reputationsverlust für den Finanzplatz Österreich wuchs ins Unermeßliche. Die HAA ist ein Musterbeispiel für das Scheitern staatlicher Bankenrettungspolitik.

Das Scherbengericht konzentriert sich derzeit größtenteils auf Jörg Haider, der in die Sache involviert gewesen ist. Etliche Weichen sind jedoch schon falsch gestellt worden, bevor er 1999 endgültig zum Landeshauptmann gewählt wurde. Politik und Medien haben ihn dennoch zum Alleinschuldigen erklärt – auch weil er sich nicht mehr wehren kann. Es wird versucht, den Skandal von nationaler Tragweite zu einer provinziellen Kärntner Affäre zu minimieren und die Offenlegung der Verantwortung zu verhindern. Abputzen statt aufklären ist die Devise der Bundesregierung aus SPÖ und ÖVP.

Was genau ist passiert? Die HAA wurde 1896 als Landes-Hypothekenanstalt in Klagenfurt gegründet. In den 1980er Jahren begann die wirtschaftliche und geographische Expansion. Aus einer kleinen Landesbank, die Hypothekendarlehen vergab, wurde ein Möchtergern-Global-Player. Angetrieben von ehrgeizigen Landespolitikern und noch ambitionierteren Managern breitete sich die HAA auf dem Balkan aus, gab sich 1995 ihren wohlklingenden neuen Namen. Die Parallelen zum Aufstieg (und Fall) der Bankgesellschaft Berlin sind verblüffend.

Die Banker hatten große Visionen, scheiterten aber am Tagesgeschäft. 2006 wurde nach Spekulationsverlusten der Vorstand ausgetauscht. 2007 verkaufte Kärnten die HAA an die Bayern LB. Ein gutes Geschäft für Kärnten, ein schlechtes für Bayern, denn viele Investments, die die Bank unter anderem im ehemaligen Jugoslawien getätigt hatte, entpuppten sich als ähnlich notleidend wie die nordamerikanischen Immobilienkredite, die zur gleichen Zeit eine weltweite Finanzkrise und den Konkurs unter anderem von Lehman Brothers auslösten.

Bayern kam trockenen Fußes wieder heraus

Die Bayern schoben den Schwarzen Peter zurück an die Österreicher: 2009 wurde die HAA zwangsverstaatlicht – von Österreich. Die Alpenrepublik, die die Pleitebank mit über 6.000 Angestellten für vier symbolische Euro kaufte, mußte fortan für die Schuldenbank bürgen. Der Chef der Bayern LB nahm zwar seinen Hut, der Freistaat kam aber trockenen Fußes wieder aus seinem Investment heraus.

Um so schlimmer wurde es für die Österreicher. Sie müssen nun abermals bis zu eine Milliarde Euro hinblättern, da sie den Konkurs der Bank abwenden wollen. Das hat Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) vor einer Woche durchsickern lassen. Fast fünf Milliarden Euro staatlicher Zuschüsse hat die Bank bereits verschlungen und damit die Staatsverschuldung Österreichs auf Rekordniveu getrieben (257 Milliarden). Inzwischen wird nun doch über eine Abwicklung debattiert oder über die Gründung einer Bad Bank, die aber nicht so heißen soll – sondern „Abbau-Gesellschaft“. Die Hypo-Manager verweisen darauf, daß derlei Überlegungen ihnen das Geschäft zusätzlich verhageln.

Es folgten Ermittlungen, Prozesse, Untersuchungsausschüsse und sogar ein Verfahren der EU gegen Österreich, die die Zahlungen als unzulässige Beihilfe ansieht. Dazu kommt der Strafprozeß gegen Ex-Topmanager der Bayern LB, bei dem vor einer Woche in München der frühere Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) als Zeuge aussagen mußte.

Herausgekommen ist bei all dem bislang wenig. Warum wird das Versagen der zuständigen Instanzen vertuscht? Die politische Dimension der Affäre wird bewußt verleugnet. Es gibt in Österreich dieses Geflecht aus falschen Moralvorstellungen, Verschwiegenheit und parteipolitischer Gruppendynamik.

Der Staat hat deswegen vor wenigen Jahren schon einmal eine imposante Bankenpleite durchlebt. Dubiose Swap-Geschäfte haben die Substanz der damaligen Gewerkschaftsbank Bawag aufgezehrt, wirklich aufgeklärt wurde das Desaster nie. Der Chef der Bawag hieß damals Ewald Nowotny. Ganz in österreichischer Manier wurde der frühere sozialdemokratische Parlamentarier und Finanzsprecher nach dem Fiasko zum Chef der Nationalbank befördert. Eine Rolle, die er heute noch innehat.

Einer der Hauptgeschädigten im Fall der Pleite der HAA wäre der Raiffeisenkonzern gewesen. Dieser habe im österreichischen Nationalrat Klubstärke (Fraktionsgröße), sagen Kritiker des großen Einflusses der Finanzindustrie auf die österreichische Politk.

Das magische Dreieck hat wieder zugeschlagen. Jenes Feld zwischen Aufsichtsbehörden (die dann leider, wenn es wichtig wird, doch immer wieder versagten), Parteien und Banken ähnelt dem Bermuda-Dreieck. Seine geradezu magischen Eigenschaften im Vaporisieren erheblicher Vermögenswerte sind nicht nur staatsgefährdend, sondern auch legendär. Eine ebenso legale wie illegitime Kombination.

 

Banken: Manage boni steigen weiter

2013 war für viele Londoner Banker ein gutes Jahr. Ihre Boni wuchsen durchschnittlich um 30 Prozent. Dies geht aus einer Studie der Netzseite eFinancialCareers.de hervor. Damit lagen die Banker aus der „City“ vor ihren Kollegen an anderen Börsenplätzen wie New York, Hongkong oder Singapur. Dennoch äußerten 41 Prozent der befragten Banker, sie seien unzufrieden, weil sie mehr erwartet hätten. Das Wall Street Journal Deutschland zitiert einen Londoner Banker, der dies mit den hohen Lebenshaltungskosten in der britischen Hauptstadt rechtfertigt.

Tatsächlich haben die enormen Vergütungen nicht nur mit Gier zu tun. Die Banken konkurrieren um die besten Mitarbeiter. Deswegen hat der damalige Deutsche-Bank-Boß Josef Ackermann 2010 einmal höhere Bonuszahlungen angemahnt. Obendrein steht es jeder Firma frei, über die Gehälter ihrer Angestellten zu befinden.

Etwas anderes ist es jedoch, wenn Banken von Steuerzahlern gerettet werden (müssen). Skandalös sind daher die Bonuszahlungen der verstaatlichten Commerzbank für 2013 , die den Jahresgewinn um das Dreifache übersteigen.

Foto: Günther Beckstein im Landgericht München: Der Ex-Ministerpräsident sagte als Zeuge zum Kauf der Hypo Alpe Adria durch die Bayern LB aus

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