© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/14 / 21. März 2014

Ernst Jüngers Drogenräusche: „Höhere Wahrnehmungen“ blieben aus
Nur Abstürze unter die Gürtellinie
(wm)

Mit ordinären „Junkies“, die als Nachahmer der US-Drogensubkultur auch im Europa der siebziger Jahre verstärkt in Erscheinung traten, wollte der LSD- und Mescalin-Konsument Ernst Jünger nicht verwechselt werden. Ihm ging es bei den Herrenrunden, zu denen er sich seit 1950 alljährlich in Wilflingen mit Freunden traf, zwecks „Annäherungen“ an „Drogen und Rausch“, stets um Vorstöße zu „höheren Wahrnehmungen“ und um „mystische Partizipation“ am neuplatonisch gedachten „Einen“. Wie die Erfahrungsberichte Jüngers und zweier Teilnehmer, des Orientalisten Rudolf Gelpke und des LSD-Entdeckers Albert Hofmann belegen, blieben die rauschinduzierten Aufbrüche ins „geistige Abenteuer“ indes häufig im Banalen stecken. Jünger-Forscher beurteilen daher den literarischen Niederschlag der Drogentrips gern hämisch als „unerträgliche Anhäufung von Gemeinplätzen“ und „Alte-Herren-Erotik“. Obwohl angetreten, diese Kritik zu differenzieren und Jüngers Rauschprotokolle in die Tradition europäischer Drogenliteratur einzuordnen, schlägt auch der Genter Germanist Marcus Hahn in diese Kerbe (Zeitschrift für Deutsche Philologie, 4/2013). So mündet seine Studie in Gottfried Benns schnoddrige Einlassung, Jüngers mystische „Ich-Sprengung“ sublimiere nur, was die Droge aus der Zone „unter der Gürtellinie“ freisetze.

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