© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/14 / 21. März 2014

Umwelt
Danzig droht
Heiko Urbanzyk

Drei Jahre nach dem Atom-GAU von Fukushima hebt die japanische Regierung die Sperrzone um die Reaktoren teilweise auf. Die Bewohner können wieder in die entsprechenden Gebiete zurückkehren. Als „völlig aberwitzig“ bezeichnet dies das Umweltinstitut München e. V. In den freigegebenen Zonen sei die Strahlung noch immer 20mal höher als üblich. Dies sei gerade Kindern gegenüber unverantwortlich, heißt es von Christina Hacker, Vorstand am Umweltinstitut. Die Manipulation von Meßwerten sei an der Tagesordnung, und noch immer fließen täglich Hunderte Tonnen radioaktiv verseuchtes Wasser aus den drei Reaktoren in den Pazifik.

Ein GAU bei Danzig würde weite Teile Berlin-Brandenburgs unbewohnbar machen.

Hacker vermutet ein finanzielles „Sparprogramm“ der japanischen Regierung. Da der Konzern Tepco als Betreiber von Fukushima Daiichi pleite sei, müsse der Staat für die Entschädigungen der etwa 100.000 Betroffenen einstehen. Kehren diese nun in ihre Häuser zurück, werden ihre Ansprüche nach einem Jahr erlöschen.

Indes drängen Polen und Tschechien in der EU auf eine Möglichkeit zur Subventionierung der Atomkraft. Ziel ist der Neubau von mehreren AKW. Ein solcher würde sich ohne öffentliche Förderung nicht rentieren. So wollen die Polen ein neues AKW bei Danzig bauen. Greenpeace warnt auf Grundlage einer Studie der Universität Wien davor, daß ein GAU bei Danzig weite Teile West- und Mitteldeutschlands verseuchen könnte. Vor allem Brandenburg und Berlin würden unbewohnbar und müßten evakuiert werden.

Ebenso warnt das Umweltinstitut München vor dem geplanten tschechischen Atomprogramm. Auch deren AKW würden im Falle eines GAU kerndeutsches Gebiet verseuchen. Prag verlangt von Brüssel dennoch die Anerkennung der Atomkraft als förderungsfähig, da CO2-arm. Die Welt scheint sich vom Fukushima-Schock zu erholen, noch während in Japan die geschmolzenen Reaktoren dampfen.

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