© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/14 / 21. März 2014

Moderne Architektur geht auch anders
Aufwertung des Kaiser-Wilhelm-Denkmals Porta Westfalica: Gelungener Siegerentwurf ohne Beton und Stahl
Bernd Rademacher

Wo sich die Weser in eine Lücke zwischen Wiehengebirge und Weserbergland zwängt und durch sie hindurch in die norddeutsche Ebene fließt, öffnet sich die Porta Westfalica, das Tor nach Westfalen. Hier, an den Hängen des Teutoburger Waldes, im Land des Sachsenfürsten Widukind und Hermann des Cheruskers, hat man schon immer einen Sinn für nationale Geschichte gehabt. So wird die geographische Formation des Weserdurchbruchs dominiert von einem besonderen Bauwerk: Vom Wittekindsberg blickt das 88 Meter hohe Kaiser-Wilhelm-Denkmal ins weite Tal.

Auf einer Ringterrasse steht ein gewaltiger Kuppelbau, unter dessen Baldachin ein sieben Meter hohes Standbild Kaiser Wilhelms I. grüßt. Der Tod des preußischen Königs und ersten deutschen Kaisers nach der Reichsgründung von 1871 stieß seinerzeit im ganzen Land eine Welle von Denkmal­initiativen an. Die preußische Provinz Westfalen wollte nicht kleckern und ließ ein landschaftsprägendes Monument entwerfen. 13.000 Kubikmeter Mauerwerk wurden verbaut. Der Kostenvoranschlag von 800.000 Goldmark wurde nur um 33.000 Goldmark überschritten – „Peanuts“, wenn man an heutige Großprojekte denkt.

Nach vier Jahren Bauzeit wurde das Denkmal von Wilhelm II. und seiner Frau Auguste Viktoria feierlich eingeweiht. Seitdem zählt es zu den Wahrzeichen der Region Ostwestfalen und reiht sich in die Reihe der Nationaldenkmale. Und das sogar offiziell: Seit 2008 gehört es zur „Straße der Monumente“, ein Netzwerk deutscher Denkmäler, das auf Initiative des Stadtgeschichtlichen Museums Leipzig gegründet wurde.

Mit dem Bauwerk steht es nicht zum besten. Noch ein Jahr nach Kriegsende sprengten die Engländer einen Stollen des Sockels, in dem vormals Rüstungsmaterial produziert worden war. Ein Teil des Vorplatzes war daraufhin abgesackt. Der eingestürzte Unterbau liegt seither so da. Das heruntergekommene Restaurant am entfernt liegenden Parkplatz ist seit Jahren geschlossen.

Das Neue nimmt sich zurück, bescheiden und demütig

Im vergangenen Jahr beschloß der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), die Anlage für 2,8 Millionen Euro zu sanieren. Den Wettbewerb für die Neugestaltung gewann der Architekt Peter Bastian aus dem westfälischen Coesfeld. Der 49jährige ist für einen zeitgenössischen Planer in jeder Hinsicht ungewöhnlich. So sagt er von sich, er verstehe Architektur eher als Handwerk denn als Kunst. Darum habe Architektur „bescheiden und demütig“ zu sein. Das Neue solle sich zurücknehmen und sich harmonisch in den Bestand einfügen. Die vorhandene Formensprache will er aufgreifen und, wo nötig, behutsam fortführen. Keine zeitgeistigen Provokationen, keine „interessanten Brüche“, keine „Neuinterpretation“, kein Stahl, kein Beton – statt dessen regionaler Sandstein. Es scheint ein Glücksgriff zu sein, daß der LWL einen bodenständigen Münsterländer verpflichtet hat und keinen internationalen „Star-Architekten“. Neben der „Denkmalverträglichkeit“ mache vor allem „die Schlichtheit die Qualität des Entwurfes aus“, urteilte jedenfalls das Preisgericht über dessen eingereichtes Konzept.

Die Arbeiten sollen möglichst noch in diesem Jahr beginnen und rund 18 Monate dauern. Lediglich eine neue Gastronomie und ein Dokumentationszentrum fügt Bastian dem Bestand hinzu. Damit soll das Denkmal nicht nur erhalten, sondern auch aufgewertet werden. Das Kaiser-Wilhelm-Monument an der Porta Westfalica ist immer noch ein Publikumsmagnet und lockt jährlich bis zu 200.000 Besucher in die Region. Schauen Sie doch mal vorbei. Vielleicht am 22. März, dem Kaisergeburtstag?

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