© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  14/14 / 28. März 2014

Bistümer sperren Lebensschützer aus
Katholische Kirche: Nach dem Verbot, bei Gottesdiensten Spenden zu sammeln, ist das Fortbestehen des Projektes „1000 plus“ akut gefährdet
Thorsten Brückner

Nur ein Sturm im Wasserglas oder der Auftakt zu einer aggresiveren Haltung gegenüber Lebensschützern? Zwei katholische Bistümer haben die Zusammenarbeit mit Pro Femina eingestellt und Lebensschützern des Vereins verboten, in den Pfarreien der Bistümer Augsburg und Speyer ihr Projekt „1000 plus“ vorzustellen und dafür Spendengelder einzusammeln. Bisher durften Helfer von „1000 plus“ in katholischen Gottesdiensten für ihre Schwangerenkonfliktberatung werben und auch Spendenboxen in Form von Babyfläschchen verteilen.

Diese Babyflaschenaktion hat sogar prominente Unterstützung erfahren. Die Kindernahrungsfirma Hipp hat die Babyflaschen für die Aktion gespendet. Laut Angaben von Pro Femina hat Geschäftsführer Claus Hipp sogar eine der Spenden-Flaschen auf seinem Schreibtisch stehen. Der Verein, der keine staatlichen Gelder erhält, finanziert sich maßgeblich über diese Einnahmen und sieht nun seine Existenz in Gefahr.

Allein in Pfarreien des Bistums Augsburg kam es bisher zu 43 Babyflaschenaktionen, in Speyer waren es 23. „Wenn wir das nicht wiederholen dürfen, entsteht uns ein Schaden im fünfstelligen Bereich“, sagte der Vorsitzende von Pro Femina, Kristijan Aufiero, der JUNGEN FREIHEIT. Nach seinen Angaben lief die Kooperation mit den meisten örtlichen Pfarreien bisher gut. „Es wäre unser Wunsch, daß die Bistümer den Pfarrern vor Ort wieder erlauben, uns einzuladen, wenn sie das möchten.“

Die Bistümer rechtfertigen ihre Entscheidung damit, daß es bei ihnen bereits ausreichende Beratungsangebote gebe. Caritas und der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) würden Schwangere in Konfliktsituationen beraten. Gerade die Caritas hatte sich jedoch in den vergangenen Jahren immer wieder beklagt, daß seit dem Verbot, Beratungsscheine auszustellen kaum noch Frauen ihre Angebote in Anspruch nähmen.

Bis zum Verbot der Beratungsscheinpraxis durch Papst Johannes Paul II. 1999 hatten sich sowohl Caritas als auch SkF für deren Beibehaltung ausgepsprochen. Letztere war daraufhin sogar ganz aus der Schwangerenkonfliktberatung ausgestiegen. Die Mitarbeiterinnen wechselten damals zum katholischen Laienverein Donum Vitae, der in Rebellion gegen die Entscheidung des Papstes weiterhin Scheine für die straffreie Tötung ausstellt. Zudem macht die Schwangerenkonfliktberatung nur einen geringen Teil der Beratungstätigkeiten aus. 2010 suchten nach Angaben der Caritas nur 1,2 Prozent der ratsuchenden Frauen im Schwangerschaftskonflikt eine katholische Beratungsstelle auf.

Pro Femina erklärt sich die Reaktion der Bistümer mit ungerechtfertigten Vorwürfen, die in der Vergangenheit gegen „1000 plus“ vorgebracht wurden. Unter anderem hatte die Leiterin der Katholischen Beratungsstelle für Schwangerschaftsfragen in Passau dem Verein vorgeworfen, Frauen bei Beratungen mit „ewigen Höllenqualen und schweren Strafen Gottes“ gedroht zu haben, für den Fall, daß sie sich für eine Abtreibung entschieden. Aufiero nennt die Vorwürfe „absurd“.

Dem Verein lägen im Gegenteil über 200 Rückmeldungen von Frauen vor, die die Beratung ausdrücklich positiv schildern und sich oft durch die einfühlsamen Gespräche für das Kind entschieden hätten. Pro Femina befürchtet nun, daß weitere Bistümer nachziehen könnten und so den Lebensschützern Stück für Stück die Existenzgrundlage entzogen werden könnte. Im vergangenen Jahr wurden über 100.000 Babys in Deutschland abgetrieben. Zwar sind die absoluten Zahlen rückläufig, jedoch sinkt Jahr für Jahr auch die Zahl der Frauen im gebärfähigen Alter.

www.1000plus.de

 

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