© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  14/14 / 28. März 2014

Völkermord II: Armeniergenozid im deutschen Schulunterricht
Türken in der Kulturalisierungsfalle
(wk)

Der türkische Völkermord an den Armeniern im Schatten des Ersten Weltkrieges kommt derzeit lediglich in den Geschichtslehrplänen des Landes Brandenburg vor. Insofern war es mehr als angebracht, daß die Universität Mainz kürzlich ein Historisches Proseminar veranstaltete, in dessen Verlauf ausgelotet werden sollte, inwiefern dieser vielfach verdrängte Genozid vielleicht doch an mehr deutschen Schulen thematisiert werden könnte (Geschichte für heute, 1/2014). Dabei wurde seitens der Organisatoren unter anderem die Auffassung von Gisbert Gemein zur Diskussion gestellt, man solle den Völkermord an den Armeniern unbedingt auch in Klassen mit türkischen Kindern behandeln, „gerade weil er für die türkischen Jugendlichen eine Zumutung ist, die sie aber aushalten müssen, wenn sie bei uns leben wollen“. Darin allerdings sahen viele Teilnehmer eine sogenannte „Kulturalisierungsfalle“: Den türkischen Schülern werde durch den Verweis auf die türkische Verantwortlichkeit für das Morden „eine Identität zugeordnet, die sie vielleicht gar nicht annehmen wollen“. Die künftigen Geschichtslehrer thematisierten in diesem Kontext allerdings lieber nicht, daß man mit dem gleichen Argument auch die Behandlung des Holocaust in Klassen mit deutschen Schülern für bedenklich beziehungsweise unzulässig erklären kann.

www.geschichtefuerheute.de

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen