© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  14/14 / 28. März 2014

Frauen gegen Frankreich
Johanna Stegen und der Kampf gegen Napoleon
Karl-Heinz Schuck

In den Befreiungskriegen gegen Napoleon war es manchen Frauen zuwenig, Spenden für die Kriegskasse („Gold gab ich für Eisen“) zu geben. Sie rüsteten sich zumeist auf eigene Kosten aus und wollten beitragen, Napoleons Herrschaft abzuschütteln – als Männer verkleidet und oft als Kämpferinnen in vorderster Front. Die Bekanntesten unter ihnen waren Eleonore Prochaska, Friederike Krüger, Anna Lühring und Johanna Stegen.

Johanna Stegen, die zwanzigjährige Tochter eines Salzsieders, ging als „Heldenmädchen von Lüneburg“ in die Geschichte ein. Am 2. April 1814 befand sich eine französische Division auf dem Vormarsch nach Lüneburg. Die verteidigende preußische Infanterie verfügte nur noch über wenig Munition, da ein Munitionswagen liegengeblieben war. Als Johanna Stegen davon erfuhr, rannte sie mehrfach, auch unter französischem Beschuß, zu diesem Gefährt, packte ihre Schürze voll Munition und schleppte diese in die preußischen Linien. Das Gefecht endete mit einer französischen Niederlage. Die französische Seite setzte danach sogar eine Kopfprämie auf sie aus.

Anna Lühring war die Tochter eines Tischlermeisters und trat im Februar 1814 in das Lützowsche Freikorps ein. Unter dem Namen „Eduard Kruse“ war sie Teilnehmerin an mehreren Gefechten und konnte 1815 unversehrt nach Hause zurückkehren.

Vom König sogar zum Unteroffizier befördert

Friederike Krüger trat 1813 mit 23 Jahren als „August Lübeck“ in einer selbstgefertigten Uniform in eine Infanterieregiment ein. Wegen ihrer im Gefecht unter Beweis gestellten Tapferkeit erhielt sie nach Entdeckung ihres wahren Geschlechtes vom preußischen König nicht nur die Erlaubnis weiterhin zu dienen, sie wurde sogar noch zum Unteroffizier befördert und mit dem Eisernen Kreuz zweiter Klasse ausgezeichnet. Erst 1941 wurde wieder ein Eisernes Kreuz an eine Frau, die Testpilotin Hanna Reitsch, verliehen!

Eleonore Prochaska schließlich wurde zum Symbol der kämpfenden Frauen, und man verglich sie mit Jeanne d’Arc, als Kämpferin für die heilige Sache des Vaterlandes. Sie trat als „August Renz“ im Frühjahr 1813, auf eigene Kosten eingekleidet und mit eigenem Gewehr und Bajonett ausgestattet, in das Lützowsche Freikorps ein; begeistert von den zeitgenössischen Erzählungen über Frauen im spanischen und im Tiroler Freiheitskampf. 1785 als Tochter eines Unteroffiziers in Potsdam geboren und später in einem Militärwaisenhaus aufgewachsen, war sie mit der militärischen Welt gut vertraut.

Ihre hohe, schlanke Gestalt und Quartier mit einem fünfzehnjährigen Kameraden zusammen, ließen sie lange Zeit ihre wahre Identität verheimlichen. Sie nahm an mehreren Gefechten teil, zuletzt als Bataillonstrommler. Beim Sturm einer Anhöhe wurde ihr am 16. September 1813 das linke Bein zerschossen – bei der medizinischen Versorgung offenbarte sie ihr richtiges Geschlecht. Sie erlag am 5. Oktober ihrer Verletzung und wurde anschließend mit allen militärischen Ehren beigesetzt. An ihrer Grabstelle wurde später ein Denkmal errichtet; Beethoven widmete ihr sogar eine Komposition. Die preußischen Freiheitskämpferinnen wurden zu Ikonen der aufkommenden Nationalbewegung.

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