© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  14/14 / 28. März 2014

Knapp daneben
Meldungen schreiben sich selbsttätig
Karl Heinzen

Fehler, die irgendwo auftreten, sind fast immer auf menschliches Versagen zurückzuführen. Auch die Medien stellen hier keine Ausnahme dar. An einer Falschmeldung trägt nicht die Druckmaschine oder das Redaktionssystem die Schuld. Es ist ihr Verfasser, der schlampig recherchiert oder nicht aufmerksam genug abgeschrieben hat.

Das hohe Ideal des Qualitätsjournalismus läßt sich daher nur erreichen, wenn er nicht mehr von Menschen betrieben wird. Einen ersten Schritt in diese Richtung erlaubt die Software Quakebot, deren Leistungsstärke vor wenigen Tagen die Los Angeles Times demonstrierte. Gerade einmal drei Minuten waren seit einem Erdbeben in der amerikanischen Westküstenmetropole verstrichen, da wartete die Tageszeitung auch bereits mit der ersten Meldung auf. Die technische Lösung, die dies erlaubte, ist simpel. Quakebot tat nichts anderes, als Online-Informationen der für Erdbeben zuständigen Bundesbehörde in einen vorbereiteten Lückentext einzusetzen.

Journalistische IT wird bald ihre Überlegenheit gegenüber den menschlichen Kollegen unter Beweis stellen.

Für diese Idee eines IT-Amateurs ließen sich nahezu unbegrenzte Anwendungsfelder erschließen, wenn sie von Software-Spezialisten aufgegriffen würde. Nur ein kleiner Schritt dürfte es sein, um auch über Unternehmensbilanzen, Sportergebnisse, das Wetter oder das Börsengeschehen automatisiert zu berichten. Aber selbst dort, wo es nicht auf Fakten, sondern auf Meinung, Argumentation und Stil ankommt, wird journalistische IT ihre Überlegenheit gegenüber den menschlichen Kollegen unter Beweis stellen. Schon heute können Nachrichtendienste und Polizeibehörden aus anonymen Texten Rückschlüsse auf den Verfasser ziehen. In umgekehrter Richtung wird es bald möglich sein, einer Software Parameter für Sprachniveau, Wortfelder und Tendenz der Aussage vorzugeben, um zu jedem Thema einen erstklassigen Text zu produzieren. Wie mühselig ist es, journalistischem Nachwuchs gutes Schreiben beizubringen! Wie viele gelangen nie zum Ziel, lassen nach oder haben plötzlich Schreibblockaden! Eine Software hingegen ist von Anfang an auf hohem Niveau und behält für immer, was einmal programmiert wurde.

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