© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  15/14 / 04. April 2014

Das Milliardengrab Bankenrettung wird europäisiert
Kapitalflucht wird unmöglich
Thorsten Polleit

Die Bankenunion kommt. In einer EU-Hinterzimmerverhandlung wurde der sogenannte Abwicklungsmechanismus und damit ein weiterer wesentlicher Baustein vereinbart. Jetzt ist nur noch die Frage zu klären, wer wieviel in den Fonds einzahlen muß. In acht Jahren soll die Summe von 55 Milliarden Euro zur Rettung bankrotter Banken zur Verfügung stehen. Die Haftung wird dann vergemeinschaftet. Soll heißen: Deutsche Banken haften für portugiesische oder griechische Banken und umgekehrt. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bezeichnete die Europäische Bankenunion als „das größte europäische Projekt seit Einführung des Euro“.

Diese Bankenunion wird jedoch erhebliche Probleme mit sich bringen, wie die nachstehende Folgenabschätzung zeigt. Vor allem weil sie auf einer Fehldiagnose der jüngsten Krisenursache aufbaut. Die Euro-Schuldenkrise ist nicht etwa die Folge von zuwenig oder schlechter Regulierung des Bankensektors, wie das in der öffentlichen Diskussion häufig gesagt wird. Die Ursache ist vielmehr im Euro-Papiergeldregime zu finden. Das Papiergeld, das aus dem Nichts geschaffen wird, führt vor allem auch in eine Überschuldungssituation von Staaten und Banken. Zeigen sich die Symptome der Krise – Rezession, strauchelnde Banken und steigende Arbeitslosigkeit –, wird aber nicht die Zentralbank für die Mißstände verantwortlich gemacht, sondern die Schuld wird den „freien Märkten“ zugeschrieben.

Die einheitliche Einlagensicherung wird dem Systemwettbewerb innerhalb des Euroraum-Bankensektors das Wasser abgraben. Im Ergebnis soll die Bankenunion Kapital(flucht)bewegungen von einer schlecht wirtschaftenden Bank zu einer besser wirtschaftenden Bank entmutigen. Die Anreize, knappes Kapital zum „besten Wirt“ zu leiten, werden durch das Zwangssicherungssystem geschmälert. Die Fähigkeit des Kreditmarktes schwindet, der produktiven Geldverwendung den Vorzug gegenüber der weniger produktiven zu geben.

Die Bankenunion dürfte die längerfristigen Wachstumsaussichten von Produktion und Beschäftigung verschlechtern. Denn sie hebelt im Kern die Marktwirtschaft aus. Sie unterläuft die Ausleseprozesse des Marktes, durch die knappe Güter in die bestmögliche Verwendung geleitet und dadurch in bestmöglichem Maße zur Bedienung der Bedürfnisse der Menschen eingesetzt werden.

Die Bankenunion entzieht nämlich den Banken- beziehungsweise Finanzsektor den (verbleibenden) disziplinierenden Kräften des Marktes. Künftig werden Bürokraten und nicht mehr private Investoren entscheiden, ob und wenn ja, welche Banken im Geschäft bleiben und welche aus dem Markt ausscheiden. Bürokraten, nicht die Marktkräfte werden folglich darüber entscheiden, ob und wenn ja, welche Aktionäre und Gläubiger welcher Banken ihr Vermögen behalten – und welche es verlieren werden.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen