© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  15/14 / 04. April 2014

DVD: Western
Die Schuld der Väter
Werner Olles

Wie die „Ilias“ das Epos der Griechen und das „Nibelungenlied“ das Epos der Deutschen, so ist der Western das Epos der amerikanischen Nation, ihre nationale Schöpfungsgeschichte. In diesem Genre spielt häufig der Widerspruch zwischen den Vätern und den Söhnen eine tragende Rolle. Solche Generationenkonflikte sind die Ausgangsposition großer Western, wie in „Die gebrochene Lanze“ (1954), „Weites Land“ (1958) oder „Der letzte Zug von Gun Hill“ (1958).

Nach dem Gründer-Mythos im epischen und dramatischen Western sind die Familientragödien auch im psychologischen Western, wie in der antiken Tragödie, häufig mit einer Schuld der Alten verbunden, die die Jungen zu besessenen Charakteren werden läßt und zu Gewaltakten nötigt, die ihren Sinn nur noch in sich selbst haben.

Auch John Sturges erzählt in dem Rache-Western „Das Geheimnis der fünf Gräber“ („Backlash“, 1956) eine zwischen dem Ödipus- und dem Abraham-Mythos oszillierende Geschichte. Allerdings ist die Schuld des Vaters hier so groß, daß der Sohn entschlossen ist, ihn zu töten. Fünf Männer mußten in den Bergen sterben, weil der sechste sie, anstatt das nächste Fort zu alarmieren, aus reiner Goldgier den Apachen überließ, die sie dann massakrierten. In der Absicht, den Verräter zur Rechenschaft zu ziehen, streift Jim Slater (Richard Widmark) mit Karyl Orton (Donna Reed), der Witwe eines der Ermordeten, durch den Wilden Westen. Nach einem langen Ritt und vielen gefährlichen Abenteuern stehen beide endlich vor dem Mann, den sie fieberhaft suchten – es ist Jims Vater (John McIntire), der inzwischen weitere Verbrechen begangen hat. Am Ende läßt ihm dieser keine andere Wahl, als ihn zu erschießen.

„Backlash“ ist ein Ödipus-Western wie aus dem Bilderbuch, aufwendig und geradlinig inszeniert und mit einem geschickten Spannungsaufbau versehen. Zwar kann er seine Vorliebe für eine melodramatische Zuspitzung des Generationskonflikts, der schließlich in seiner Emotionalität und seiner blutigen Konsequenz geradezu biblische Ausmaße annimmt, nicht verbergen, bleibt aber dabei dank so hervorragender Darsteller wie Richard Widmark, Donna Reed und John McIntire immer glaubwürdig.

DVD/Blu-ray: Das Geheimnis der fünf Gräber. Explosive Media/Alive 2014, Laufzeit etwa 84 Minuten

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen