© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  16/14 / 11. April 2014

Zeitschriftenkritik: Civitas
Die Revolution und ihr Gleichheitswahn
Werner Olles

Nach über vier Jahrzehnten verfehlter Bildungspolitik hat sich die „Vulgärinterpretation der Französischen Revolution“ (Erik von Kuehnelt-Leddihn), in der ein angeblich unterdrücktes und ausgebeutetes Volk die unerträgliche Herrschaft der Monarchie, des Adels und des Klerus abschafft und stattdessen „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“ verkündet, inzwischen weitgehend durchgesetzt. Friedrich Schillers Worte „Vor dem Aristokraten in Lumpen bewahrt mich, ihr Götter / Und vor dem Sansculott auch mit Epauletten und Stern“ kennt heute kaum jemand mehr, was verwunderlich ist, denn gerade dieser Nationaldichter war alles andere als ein Reaktionär.

Und wer weiß heute noch, daß die erste Phase der Französischen Revolution in einer Zeit wirtschaftlicher Hochkonjunktur und liberaler Reformen stattfand? Es waren vor allem Voltaires Religionskritik und Rousseaus politische und pädagogische Visionen, die neuen Ideen der Aufklärung, die aus England eingeschleuste Freimaurerei und der falsch verstandene amerikanische Unabhängigkeitskrieg, die die Revolution entscheidend beeinflußten.

Joachim Volkmann setzt sich in der aktuellen Ausgabe (April 2014) der dreimal jährlich erscheinenden Zeitschrift Civitas im Schwerpunktthema mit den am 14. Juli 1789 mit dem Sturm auf die Bastille beginnenden Ereignissen auseinander: „Die Französische Revolution: Ereignis in der Vergangenheit? Vollendung in der Gegenwart!“ Bereits der Titel seines Beitrags zeigt an, daß die Aktualität dieser Revolution ungebrochen ist, sie ist keineswegs abgeschlossen, wie ihr wohl größter Sohn, der Revolutionsgeneral Napoleon Bonaparte, einst verkündete.

Eher verschwiegen wird der Terror der Revolution, der mit den Namen Danton, Robespierre und Saint-Just verbunden ist und das erste totalitäre Herrschaftssystem etablierte. Auf dem Höhepunkt der Terrorphase werden die Opferzahlen allein in Paris auf etwa 40.000 Menschen in noch nicht einmal einem Jahr geschätzt. Den vergessenen Völkermorden in der Bretagne und in der Vendée fielen in einem Blutrausch ohnegleichen zirka 600.000 meist bäuerliche, königs- und kirchentreue Aufständische, aber auch zahllose Frauen und Kinder zum Opfer. Mit der Ermordung des Königs am 21. Januar 1793 endete die erste Phase, gefolgt von der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte, der Verstaatlichung und Vereinheitlichung des Schulwesens, der Einziehung aller Kirchengüter, der Religionsfreiheit und der Umbildung der traditionellen, eine Identifikation ermöglichenden Provinzen Frankreichs zu geschichtslosen Verwaltungseinheiten, die nach rein sachlichen Gesichtspunkten zusammengefügt wurden. Doch die Vollendung dessen, was die damaligen Revolutionäre erreichen wollten, das revolutionäre Prinzip der Gleichheit der Kulturen, Religionen und Geschlechter hat erst in den letzten Jahrzehnten überall seinen Einzug gehalten. Wie 1789 fiel auch dabei wieder die Freiheit dem Gleichheitswahn zum Opfer.

Kontakt: Civitas-Institut, Theodor-Körner-Str. 7, 53819 Neunkirchen-Seelscheid. Das Einzelheft kostet 9 Euro, ein Jahresabo 25 Euro. www.civitas-institut.de

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