© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  17/14 / 18. April 2014

Gebetsräume platzen aus allen Nähten
Muslime in Hamburg: Moscheen haben so viele Besucher wie die Kirchen
(idea/JF)

Die Hamburger Moscheen haben beim Freitagsgebet etwa ebenso viele Besucher wie die Kirchen in ihren Sonntagsgottesdiensten, obwohl die Zahl der Muslime in der Hansestadt viel kleiner ist. Während viele Kirchenbänke leer bleiben, sind die rund 50 Moscheen und islamischen Gebetsräume überbelegt. Durchschnittlich nehmen pro Gemeinde 291 Muslime daran teil; an großen Feiertagen wie dem Opferfest und dem Fastenbrechen sind es 600.

Fast durchweg leiden die Moscheegemeinden unter Raummangel. Die Gläubigen beten auch auf Fluren, in Kellern, Höfen und Vorgärten. Pro Moschee stehen etwa 560 Quadratmeter zur Verfügung. Das geht aus einer Studie der großen muslimischen Verbände in der Hansestadt hervor, über die der Journalist und Theologe Edgar Sebastian Hasse jetzt im Materialdienst der Evangelischen Zentrale für Weltanschauungsfragen (EZW) berichtet.

Die islamischen Verbände haben nach seinen Angaben den Bau neuer Moscheen in der Hansestadt angekündigt. Bei der Grundstückssuche wolle ihnen der Senat behilflich sein. Derzeit baut das islamische Zentrum Al Nour (Das Licht) die 2002 entwidmete Kapernaum-Kirche im Stadtteil Horn zur Moschee um. Das Kreuz auf dem Kirchturm wird durch den Halbmond ersetzt. Diese Umfunktionierung wird freilich ein Einzelfall bleiben; inzwischen untersagt eine kirchliche Rechtsverordnung die Nutzung einer stillgelegten Kirche durch eine nichtchristliche Religionsgemeinschaft.

Erster Staatsvertrag mit Muslimen

Hamburg hat 2013 als erstes Bundesland Verträge mit den größten muslimischen und alevitischen Verbänden in Kraft gesetzt. Partner des Staates sind die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib), der Rat der Islamischen Gemeinschaften „Schura“, der Verband Islamischer Kulturzentren (VIKZ) sowie die Alevitische Gemeinde Deutschlands. Sie vertreten etwa 90 Prozent der auf mindestens 130.000 geschätzten Muslime und Aleviten in Hamburg.

Der Staatsvertrag ermöglicht auch den „Religionsunterricht für alle“ an Hamburger Schulen. Dabei werden die Schüler einer Klasse gemeinsam unterrichtet. Erste Erprobungen sollen der EZW zufolge im Schuljahr 2014/15 an zwei Schulen durchgeführt werden. Von den rund 1,75 Millionen Einwohnern Hamburgs gehören etwa 29 Prozent der evangelischen Kirche an; rund zehn Prozent sind katholisch. Der Rest ist konfessionslos, orthodox, freikirchlich oder gehört anderen Religionen an. Die Gesamtzahl der Glaubensgemeinschaften wird auf bis zu 120 geschätzt.

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