© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  17/14 / 18. April 2014

Politische Semantik der Zwangsmigration: Flucht und Vertreibung als „Mythos“
„Geordnete Umsiedlungen“ beachten
(wm)

Die zynische Formulierung von der „erzwungenen Wanderschaft“, die Richard von Weizsäcker in seiner Rede zum 8. Mai 1985 benutzte, um Flucht und Vertreibung von 12 Millionen Ostdeutschen aus ihrer Heimat zu verharmlosen, ist heute als „Zwangsmigration“ gängige Münze der politisch korrekten Semantik. Dieser Begriff bestimmt darum durchgängig das Vorverständnis von Maren Högers Literaturbericht zur „Ereignis- und Erinnerungsgeschichte von ‘Flucht und Vertreibung’“ (Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 1/2014). Entsprechend selektiert Höger (DHI Warschau) die in den letzten Jahren erschienenen Veröffentlichungen zum Thema danach, ob sich die Autoren der ideologischen Zumutung dieser Semantik unterworfen haben oder nicht. Wo das in seltenen Fällen nicht geschah, wie bei Manfred Kittel, dem Direktor der Bundesstiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung, wird die Arbeit als „zwiespältig“ benotet. Wer hingegen „Ambivalenzen“ beachtet, auch „geordnete Umsiedlungen“ erwähnt, wer „kontextualisiert“, indem er Vertriebene mit den „Opfern deutscher Rassenpolitik“ konfrontiert, lobenswert „provozierend“ die Opferzahlen minimiert oder gar wie das Oldenburger Duo Eva und Hans Henning Hahn maximal relativierend und diffamierend vom „Mythos Vertreibung“ redet, setzt nach Högers Ansicht „Maßstäbe für die weitere Forschung“.

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