© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  19/14 / 02. Mai 2014

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Ein Hauch von Rebellion
Hinrich Rohbohm

Die Rente mit 63 ist aus Sicht der CDU-Führung eine dicke Kröte, die während der Koalitionsverhandlungen mit der SPD geschluckt werden mußte. Manchen in der Union dürfte sie inzwischen als zu dick erscheinen. Etwa der Parlamentariergruppe CDU 2017, einer Initiative junger christdemokratischer Abgeordneter, die Ende vorigen Jahres mit einem Manifest auf sich aufmerksam machten und nun Angela Merkels Rentenkurs kritisieren.

Sie wollen sie die Bundeskanzlerin dazu bewegen, noch in dieser Legislaturperiode eine Reformagenda „2020“ auf den Weg zu bringen. Die sei für mehr Wachstum und Beschäftigung nötig, heißt es in einem Thesenpapier der 64 jungen Politiker, mit denen auch CDU-Generalsekretär Peter Tauber sympathisiert. Unterstützung erhalten sie dabei vom Wirtschaftsrat der Partei. „Die zehn Thesen des Aufrufs können wir alle unterschreiben. Ich freue mich über diese Initiative, die über das tagespolitische Klein-Kklein der Großen Koalition hinausweist“, meinte dessen Vorsitzender Kurt Lauk. Der Wirtschaftsrat teile die Sorge, daß „zu wenig über das Erwirtschaften und zu viel über das Verteilen nachgedacht“ werde – „auch in der Union“.

Unzweifelhaft eine Spitze gegen die Kanzlerin, aus der aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine wirkliche Rebellion erwachsen wird. Für ambitionierte Jungpolitiker dürfte das Rententhema vielmehr ein willkommener Anlaß sein, um sich im Berliner Polit-Betrieb zu etablieren. Sie alle wissen: Angela Merkel wird die Koalition nicht an der Rentenpolitik scheitern lassen.

Ein Entgegenkommen in Form des einen oder anderen Karriereschubs für ambitionierte Jungunionisten, um wieder Ruhe in die eigenen Reihen zu bringen, ist da schon wahrscheinlicher. So ist es nicht weiter verwunderlich, wenn es in einer der Thesen heißt: „Für einen anhaltenden Erfolg der CDU ist es zudem auch wichtig, daß junge Köpfe in Partei und Fraktion an verantwortlicher Stelle Profil gewinnen und Themen für die Union besetzen.“

In diesem Zusammenhang ergeben natürlich auch vertiefende Gespräche mit den Grünen Sinn. Angesichts überschaubarer Koalitionsoptionen wären mit einem kleineren Partner auch mehr Positionen für Nachwuchspolitiker drin.

Auch die Rente mit 63 ließe sich leichter rückgängig machen. Doch die Union und nicht zuletzt Deutschland dürften auf anderen Politikfeldern, wie beispielsweise der Umwelt- und Energiepolitik, der Innenpolitik oder der Verkehrspolitik, einen hohen Preis zu zahlen haben. Allein die Forderungen der Grünen aus dem Bundestagswahlkampf, die ihr den Spitznamen Verbotspartei einbrachten, müßten zu denken geben.

Eine Partei, die ihre Verstrickungen in die Pädophilenszene bis heute nicht aufgearbeitet hat und deren Jugendorganisation mit der Linksjugend Solid eine „Ich bin linksextrem“-Kampagne gestartet hat, stellt die Union vor Herrausforderungen und untergräbt die ohnehin schon angegriffenen christlich-konservativen Werte in der Partei.

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