© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  19/14 / 02. Mai 2014

Knapp daneben
Wegbereiter des Nazi-Soul?
Karl Heinzen

Die Natur scheint Jan Delay eigentlich dafür vorgesehen zu haben, in Jugendfilmen den Fiesling zu mimen, der durch edelmütige Widersacher zur Strecke gebracht wird. Es hat ihn jedoch in die Musik verschlagen, in der er dank seines Gespürs für den seichten Massengeschmack von Erfolg zu Erfolg eilt. Stilistisch ist er nicht genau festzulegen. Sein unverwechselbares Markenzeichen ist eine Froschstimme, die zu kurieren eine Herausforderung für jeden HNO-Facharzt wäre. Einen Popularitätsschub hat er erlebt, als der legendäre Heino auf dem Album „Mit freundlichen Grüßen“ auch sein „Liebeslied“ einspielte.

Wie so viele andere Künstler, die von dem Coup des Schlagerstars betroffen waren, hat sich Jan Delay nicht zu einem Dank durchringen können. Es scheint ihn vielmehr verbittert zu haben, daß es Heino gelungen ist, dem eher flachen Song einen besonderen Glanz zu verleihen.

Jan Delay spielt ebenso mit dem Feuer: Er redet einer Quote für deutschsprachige Musik im Radio das Wort.

Noch Monate später ist der Unmut so groß, daß er sich in einem Interview mit der österreichischen Zeitung Die Presse um Kopf und Kragen redet. Was Heino getan habe, meint hier Jan Delay, sei nicht lustig, denn schließlich handele es sich ja um einen „Nazi“, was die meisten Leute jedoch vergessen würden. Immerhin weiß er sogar zwei Argumente für seine These anzuführen: Heino sei zur Zeit der Apartheid in Südafrika aufgetreten, und im übrigen spreche ein Repertoire, zu dem NS-Soldatenlieder wie „Schwarzbraun ist die Haselnuß“ gehören, für sich.

Jan Delay spielt mit dem Feuer, da es nicht minder gewichtige Argumente gibt, ihn mit einem ähnlichen Vorwurf zu konfrontieren. Er redet einer Quote für deutschsprachige Musik im Radio das Wort. Er ist mit dem Schlager-Comedian Alexander Marcus aufgetreten, der unter der Maske der Parodie Nationalsymbole verharmlost. Man sagt ihm nach, daß er Gewalt gegen Sachen als Mittel der politischen Agitation für akzeptabel hält. Er macht Reggae hoffähig, obwohl diese Szene für ihre Schwulenfeindlichkeit berüchtigt ist. Wenn Jan Delay nicht aufpaßt, wird man ihn irgendwann als Wegbereiter des Nazi-Soul in Deutschland an den Pranger stellen.

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