© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  20/14 / 09. Mai 2014

Umwelt
Aus dem Rhythmus
Heiko Urbanzyk

Wer seinen Konsum an Obst und Gemüse halbwegs saisonal ausrichtet und nicht aus Übersee alles immer rund ums Jahr kauft, freut sich in diesen Tagen wie ein kleines Kind auf frischen deutschen Spargel, saftige Erdbeeren und Frühkartoffeln.

Mit den Frühkartoffeln aus Deutschland ist es aber noch lange hin. Sie können erst ab Mitte/Ende Juni geerntet werden. Dennoch beginnt die Saison im April/Mai mit den Frühchen aus Israel und Ägypten. Ab diesem Zeitpunkt können hiesige Bauern ihre Restbestände wegwerfen. Nur wenige Kunden kaufen dann noch die zunehmend verschrumpelten Knollen der Vorjahrsernte. Im März 2012 verschenkten daher bayerische und niedersächsische Biobauern vor Lidl und Aldi säckeweise Kartoffeln, um auf die ruinösen Auswirkungen der Importware aufmerksam zu machen.

Dem Kundenwunsch wird durch Spargelheizungen und Heiztunnel entsprochen.

Allein der Bauer Bernhard Ruile aus Röhrmoos, nördlich von München, mußte damals tausend Tonnen Biokartoffeln wegwerfen, als Rinderfutter oder an Biogasanlagen verramschen.

Es gibt keine verläßlichen Zahlen darüber, wie viele tausend Tonnen genießbare Kartoffeln jedes Jahr bundesweit auf diese Art und Weise entsorgt werden. Die Discounter sehen die Schuld beim Kunden: die olle Knolle vom letzten Jahr komme nicht gut an. Auch Spargel und Erdbeeren möchte der Kunde möglichst früh. Zwar bevorzugt aus deutschen Landen. Aber im März und April kann damit eigentlich noch nicht gedient werden.

Dem Kundenwunsch wird durch Spargelheizungen und Heiztunnel entsprochen. Nur deshalb konnten wir schon lange vor Ostern Erdbeeren und Spargel „Frisch aus der Heimat!“ kaufen. Unsere Ungeduld lassen wir uns einiges kosten: Doppelt so hohe Preise wie zur naturgemäßen Saison. Selbst Überseeimporte sollen weniger Energie verbrauchen. Das alles wegen ein paar Wochen.

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