© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  21/14 / 16. Mai 2014

Aufgeschnappt
Mario, rette mich!
Matthias Bäkermann

In den Achtzigern war die Welt noch so geordnet, selbst die digitale. Da fand es keiner anstößig, daß ein dicklicher italo-amerikanischer Klempner mit Latzhose und Schnauzbart Abenteuer besteht, um ein zartes blondes Prinzeßchen im rosa Kleid aus den Fängen des Unholds zu befreien – und damit gängige Rollenmuster bediente.

Dreißig Jahre später fühlen sich die Schöpfer dieses Computerspiele-Klassikers mit Mario und Peach bemüßigt, sich wegen schlimmer Verstöße gegen genderkonforme Regeln in ihrem aktuellen Jump-and-Run-Spiel zu entschuldigen. Wie CNN vergangenen Freitag meldete, sprach die japanische Firma Nintendo offiziell ihr Bedauern aus, daß man „im Spiel Tomodachi Life viele dadurch enttäuscht hat, weil gleichgeschlechtliche Beziehungen bei den Spielcharakteren nicht berücksichtigt wurden“. Zuvor hatte Tye Marini, ein 23jähriger schwuler Nintendo-Fan aus Arizona, sich darüber geärgert, daß sein maskuliner Avatar in Tomodachi Life „nur romantische Gefühle zu weiblichen Charakteren entwickeln könne“, wie CNN Marinis Klage zitiert. Umgehend mobilisierte der Spiele-Nerd über soziale Netzwerke eine schlagkräftige Kampagne, die den milliardenschweren Konzern nun zur öffentlichen Selbstkritik in den USA nötigte.

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