© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  21/14 / 16. Mai 2014

Mit der Geldbombe gegen zerstörte Plakate
Alternative für Deutschland: Mehr als ein Drittel aller Plakate vernichtet / Arbeitskreise „Mittelstand“ und „Homosexuelle in der AfD“ gegründet
Martin Schmidt

Der Europa-Wahlkampf setzt der Alternative für Deutschland (AfD) kräftig zu. Fast täglich werden Plakate der Partei zerstört oder beschädigt, hinzu kommen tätliche Angriffe auf Wahlkampfstände und Mitglieder sowie Störungen von Veranstaltungen.

Der Schaden ist bereits jetzt immens. Bislang wurden nach Angaben der AfD deutschlandweit rund 35 Prozent der aufgestellten kleineren Plakate (Format A0 und A1) und 40 Prozent der sogenannten „Großflächen“ zerstört. „Das ergibt nach heutigem Stand einen Schaden von rund 361.800 Euro“, rechnet AfD-Pressesprecher Christian Lüth vor. Für die junge Partei, die überhaupt erst ihren zweiten Wahlkampf bestreitet, eine gewaltige Summe. Mit einer Spendenaktion im Internet, der sogenannten „Geldbombe“, versucht die Partei nun, die Verluste soweit wie möglich auszugleichen. „Je nach Spendeneingang wollen wir dazu auch verstärkt auf Flugblattverteilung setzen, weil diese weniger stark gestört werden kann“, kündigt Parteichef Bernd Lucke in einem Rundschreiben an die Mitglieder an. „Wir dürfen den unfair agierenden politischen Gegnern nicht die Genugtuung geben, daß ihre Strategie erfolgreich war.“

Doch die Spendenaktion läuft nicht so erfolgreich wie im Bundestagswahlkampf, als auf diesem Wege mehr als eine halbe Million Euro in die Wahlkampfkassen gespült wurden. Kurz vor Ende der Aktion am Dienstag waren rund 165.000 Euro zusammengekommen. Mit 1.000 Euro auf Platz neun der „Top-Spender“: Bernd Lucke.

Gleichzeitig geht der Aufbau der Partei weiter. Mittlerweile haben sich mehrere Unterorganisationen gegründet, darunter eine „Arbeitsgruppe Mittelstand“. Ziel des Zusammenschlusses ist es laut Initiator Hansjörg Müller, dem Mittelstand in der Partei eine Stimme zu geben. „Durch die Lobbyarbeit der großen Konzerne wird der Mittelstand in der EU zielgerichtet an die Wand gedrückt“, warnt Müller. Dem wolle der Arbeiskreis, der bereits knapp 100 Mitglieder zähle, entgegenwirken. „In Ländern ohne Mittelstand entstehen oligarchische Strukturen, die den Bürgern das Geld aus den Taschen ziehen“, sagt Müller, Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens.

Für Irritationen nicht nur bei linken Gegnern der AfD, die der Partei regelmäßig homophobe Tendenzen unterstellen, hat in der vergangenen Woche die Gründung eines Arbeitskreises „Homosexuelle in der AfD“ gesorgt. Der Parteiführung kommt die Initiative aus Köln dagegen offenbar gerade recht. „Das finde ich toll“, kommentierte Lucke die Gründung. Und Pressesprecher Lüth verwies darauf, daß die Gruppe zum Selbstverständnis der AfD als „kleine Volkspartei“ passe.

Im neugegründeten Arbeitskreis sind diese positiven Reaktionen der AfD-Führung mit Freude, aber auch mit Überraschung aufgenommen worden, berichte der Kölner Florian Mertens. Schließlich habe es in der Vergangenheit selbst von Lucke kritische Äußerungen etwa zur Forderung nach der Homo-Ehe gegeben, für die sich der Arbeitskreis unter anderem einsetzen werde. Daß dies auf Widerstand beim konservativen Flügel der Partei stoßen wird, sei den Mitgliedern des Arbeitskreises klar. Doch hoffe man auf Unterstützung aus dem Vorstand, etwa durch den liberalen Parteivize Hans-Olaf Henkel. „Wir müssen versuchen, Gegenpositionen zu den konservativen Positionen aufzubauen“, sagt Mertens. Am Ende werde sich zeigen, wer auf dem Parteitag die Mehrheit bekomme.

Offiziellen Charakter haben diese Unterorganisationen noch nicht. „Arbeitskreise müssen per Vorstandsbeschluß ins Leben gerufen werden“, sagte Lüth. Das sei bislang noch in keinem Fall geschehen. Zunächst konzentriert sich die Partei weiter auf den Wahlkampf, der am 23. Mai mit einer Kundgebung in Berlin endet – vor dem Brandenburger Tor.

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