© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  23/14 / 30. Mai 2014

Jörg Friedrich. Der Autor von „Der Brand“ hat ein neues Mammutwerk vorgelegt
Der Unbequeme
Wolfgang Kaufmann

Wenn einem Autor im FAZ-Feuilleton attestiert wird, er träume in seinem Buch davon, „wie die Deutschen den Ersten Weltkrieg hätten gewinnen können“, liegt die Vermutung nahe, daß die politisch korrekte Journalistenzunft ein Hühnchen mit ihm zu rupfen hat. Und das trifft auf Jörg Friedrich, dessen neustes Werk „14/18. Der Weg nach Versailles“ gerade in die Buchläden gelangte und nun dergestalt vorgeführt wird, auch mit Sicherheit zu.

Dabei war der 1944 in Kitzbühel (Tirol) geborene, aber in Essen aufgewachsene Friedrich selbst einmal ein Bilderbuchlinker: So übernahm er um 1970 die Führung der trotzkistischen Berliner Gruppe Internationaler Marxisten, welche sich ungeachtet ihrer Marginalität als „Deutsche Sektion der Vierten Internationale“ gerierte. Später wiederum arbeitete der vormalige APO-Funktionär als Rundfunkjournalist und legte nebenher 1983/84 auch zwei erste historische Bücher vor, in denen er die mißlungene Entnazifizierung der NS-Juristenschaft und die mangelnde strafrechtliche Aufarbeitung der Verbrechen des Dritten Reiches darstellte. Damit lag Friedrich natürlich voll im Geist der Zeit – was man allerdings von seinem Nachfolgewerk „Das Gesetz des Krieges. Das deutsche Heer in Rußland 1941 bis 1945“ (1993), welches ihm die Ehrendoktorwürde der Universität Amsterdam eintrug, schon nicht mehr uneingeschränkt sagen kann. So wurde verschiedentlich Kritik an den angeblich unzulässigen Vergleichen des Buches zwischen Wehrmacht und Roter Armee beziehungsweise den Truppen der Westalliierten laut.

Richtig ins Visier der Deutungspäpste vom Schlage eines Dan Diner oder Hans-Ulrich Wehler geriet Friedrich aber erst 1999 durch seine scharfe, doch wie sich zeigte berechtigte Kritik an der verpfuschten Hamburger Wehrmachtsausstellung sowie durch die beiden Bestseller-Monographien über den Bombenkrieg gegen Deutschland „Der Brand“ (2002) und „Brandstätten“ (2003): Jetzt traf ihn der professorale Bannstrahl in Form des Vorwurfs der „Enthistorisierung“ und des „Aufrechnens“, nun hieß es, er neige zur „ermüdenden Wiederholung“; desgleichen diagnostizierten die Rezensenten eine „dilettantische Unsicherheit des historischen Urteils“ sowie „bedenkenlose Neigung zur Emotionalisierung“.

Die Folgen dieser Verrisse ließen nicht lange auf sich warten. Linksradikale Aktivisten sabotierten Friedrichs öffentliche Auftritte, worauf er mit einer Unerschrockenheit reagierte, die Respekt abnötigt. Andererseits wandte Michael Klonovsky ein, daß eine gewisse Gerechtigkeit in dem Umstand läge, wenn nun Veranstaltungen eines Autors gestört würden, der selbst einst die Zusammenkünfte politisch Andersdenkender gesprengt hatte. Ob sich das bei den Lesungen aus seinem neuen Meisterwerk „14/18“ (Rezension folgt) wiederholt, wird sich zeigen.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen