© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  23/14 / 30. Mai 2014

Pressestimmen

Frankfurter Rundschau

Und vielleicht erklärt das auch die ideologischen Irrlichter der AfD, die permanent zwischen rechtem Rand und liberaler Mitte schwankt; die rechtspopulistische Inhalte plakatiert („Wir sind nicht das Sozialamt Europas“), aber nicht rechtspopulistisch sein will. Vielleicht sind das alles nur Probeläufe für eine Werbekampagne, deren eigentlichem Produkt das Herz fehlt. Aber es wird der Tag kommen, da wird sich die AfD entscheiden müssen, ob sie nur die D-Mark zurückhaben will oder auch den Führer.

 

Cicero

Die AfD hat einen hochprofessionellen Wahlkampf geführt. Sie schickt ins Europaparlament vorzeigbares Personal, und sie hat eine Agenda, die weit über Europa und über die Euro-Kritik hinausreicht. Die AfD versucht dabei sehr gezielt, die Union mit einer klassisch rechtskonservativen Agenda unter Druck zu setzen, mit Themen wie Rechtsstaatlichkeit und Haushaltsdisziplin oder klassischer Familienpolitik. Sie will Einwanderung nach Deutschland nicht stoppen, sondern steuern. Und sie setzt auf mehr direkte Demokratie. Die radikalen und islamophoben Töne, die in dieser Partei auch zu hören sind, hat die Parteiführung bislang erfolgreich eingehegt. Vieles in der AfD erinnert nicht an die Republikaner, sondern an die alte rheinische CDU sowie deren konservative Wurzeln. Es scheint deshalb auch kein Zufall zu sein, daß vor allem viele Rentner von der Union zur AfD übergelaufen sind.

 

Der Tagesspiegel

Eine Partei rechts von der Union, die nach ihrem Achtungserfolg bei der letzten Bundestagswahl nun zugelegt hat, verändert die deutsche Parteienlandschaft. Die AfD mag ein Sammelbecken höchst diffuser und divergierender Strömungen sein, und ob sie sich – wie es die Piraten vorgemacht haben – bald selbst zerlegt, ist offen: Wenn aber Euro-Skepsis, konservative Werte und an Bismarck orientierte Außenpolitik bei ihr auf Dauer eine politische Heimat finden, haben CDU und CSU ein gewaltiges Problem. Jede Abgrenzung von der AfD wird als weitere Sozialdemokratisierung wahrgenommen, jede Betonung eigener konservativer Elemente als Anbiederei. Der ideologische Entkernungsprozeß der Union könnte sich gar noch beschleunigen.

 

Neue Zürcher Zeitung

An diesem Sonntag ist nun auch das politische Deutschland deutlich moderater geblieben als der Rest Europas. Zwar hat die Alternative für Deutschland, die sich gegen den Euro, nicht aber gegen Europa stemmt, einen Achtungserfolg erzielt. Doch auf dieselbe Ebene wie den Front National oder die Ukip kann man die vorwiegend konservative „Professoren-Partei“ AfD nicht stellen, und zudem ist die Alternative weit hinter den Ergebnissen der französischen und britischen Europagegner zurückgeblieben.

 

Frankfurter Allgemeine Zeitung

Das Grundgefühl vieler AfD-Wähler, es sei falsch, maroden Staaten deutsches Steuergeld zu geben, werden die AfD-Europaabgeordneten kaum in praktische Politik umsetzen können. Sie werden allenfalls darauf dringen können, Eurostaaten das Recht einzuräumen, freiwillig die Eurozone zu verlassen.

 

Eigentümlich frei

Purer Unfug wie Glühlampen-, Klospülungs-, Duschkopf- und Staubsaugerverordnungen hat bei dieser Denkzettelwahl wohl eine Rolle gespielt. Mit Sicherheit schwerer aber wiegt der Fehler der EU-Granden, von Brüssel aus allen Europäern – von Lissabon bis Tallin – dieselben Steuer-, Sozial- und Landwirtschaftsgesetze (und vieles andere mehr) oktroyieren zu wollen. Weshalb sollte für Malta gut sein, was für Finnland gut ist – und umgekehrt?

 

Die Zeit

Der typische Ukip-Anhänger ist männlich, älter als 55, kommt aus der Arbeiterschicht, ist gering gebildet und sozial konservativ eingestellt. Das ist ein Wählerreservoir, aus dem auch andere rechtspopulistische Parteien in Europa schöpfen – vermutlich auch die AfD in Deutschland.

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