© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  23/14 / 30. Mai 2014

Knapp daneben
Die Furcht des Herrn Gabriel
Karl Heinzen

Wahrscheinlich mußten die Google-Gründer Larry Page und Sergey Brin ihre eigene Suchmaschine befragen, um in Erfahrung zu bringen, wer denn dieser wildgewordene Sigmar Gabriel wäre, der da hemdsärmelig die Zerschlagung ihres Konzerns propagiert hatte. Als sie die Ergebnisse lasen, dürfte Erheiterung in ihnen aufgestiegen sein. Der Vorsitzende einer heruntergekommenen Partei, die ohne eigenes Verdienst an einer Bundesregierung beteiligt ist, in der er im Schatten der Kanzlerin ein unbedeutendes Amt bekleidet, kann sich aufblasen, wie er will. In politischer Hinsicht ist er kein Schwergewicht.

Die europaweite Kampagne gegen ihr Unternehmen, zu der Gabriel auch etwas loswerden wollte, dürften Page und Brin mit weniger Gelassenheit beobachten. Google schreibt eine der ganz großen unternehmerischen Erfolgsgeschichten unserer Zeit. Die Umsatzrendite ist mit über 21 Prozent beeindruckend. Mit Fortüne stößt das Management auf neue Geschäftsfelder vor, die langfristiges Wachstum versprechen.

Google trägt mehr zur Wissensverbreitung bei als alle staatlichen Bildungseinrichtungen zusammen.

Da bleibt es nicht aus, daß Neider auf den Plan treten und nach dem Gesetzgeber rufen, um diesem Treiben Einhalt zu gebieten. Mit apokalyptischem Unterton malen so die Vorstandsvorsitzenden von Axel Springer, Siemens und der Telekom all die Plagen aus, die Google über die Menschheit zu bringen droht. Was sie in Wahrheit fürchten, ist bloß, daß ihr eigenes Geschäftsmodell nicht mehr tragfähig ist und die Aktionäre irgendwann meinen, sie seien lausige und überbezahlte Manager.

Aber auch das Selbstbewußtsein von Politikern wird durch Google erschüttert. Das Unternehmen trägt mehr zur Wissensverbreitung bei als alle staatlichen Bildungseinrichtungen zusammen. Seine Suchmaschine ist eigentlich ein öffentliches Gut, mit dem entgegen aller Theorie Geld verdient wird. Kein Wunder, daß sich ein staatsgläubiger Sozialdemokrat wie Gabriel aufregt. Er sollte aber vorsichtig sein, denn Google könnte ihn im Internet unauffindbar machen. Die Nachwelt würde ihn sogleich vergessen, sobald er von der politischen Bühne abgetreten ist.

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