© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  25/14 / 13. Juni 2014

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Verzweifelter Kampf
Marcus Schmidt

Ursula von der Leyen ist etwas gereizt. „Ich kann sehr gut alleine meine Frau stehen“, sagte die Verteidigungsministerin in der vergangenen Woche im Saal der Bundepressekonferenz auf die Frage, warum sie das Attraktivitätsprogramm für die Bundeswehr alleine und ohne „uniformierte“ Begleitung vorstelle. Schon bevor sie ihre Pläne dem Verteidigungsausschuß und danach den Hauptstadtjournalisten präsentierte, hatte das Programm mit dem im modischen Bundeswehr-Stakkato gehaltenen Titel „Aktiv. Attraktiv. Anders.“ für reichlich Wirbel gesorgt (JF 24/14).

So ganz falsch war die Frage, warum die Ministerin sich keine Unterstützung mitgebracht habe, übrigens nicht. Eigentlich, so zeigte sich während der Pressekonferenz, hätte neben von der Leyen ihr Vorvorgänger sitzen müssen: Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU). Dieser hatte 2010 den Anstoß gegeben, die Wehrpflicht auszusetzen. Denn anders als der durch die Vorberichterstattung entstandene Eindruck vermuten läßt, geht es von der Leyen mit ihrem Attraktivitätsprogramm nur vordergründig darum, der Truppe ein Wohlfühlklima zu bescheren. Ihr Konzept ist vielmehr aus der puren Not heraus geboren: Die Armee kämpft immer verzweifelter um Nachwuchs. Dabei machte von der Leyen eines deutlich: Ein Zurück zur Wehrpflicht werde es nicht geben.

„Durchschnittlich 60.000 Interessierte müssen sich im Jahr bewerben, um den Personalbedarf zu decken“, rechnete die Ministerin vor. Das seien fast zehn Prozent eines Jahrganges. Doch es geht nicht alleine um Quantität: „Wir wollen die Besten“, verkündete die CDU-Politikerin – wohl wissend, daß die Bundeswehr mit der privaten Wirtschaft konkurriert, die meist besser zahlt als ihr Ministerium.

Und natürlich ist das nicht das einzige Problem. „Die Bundeswehr ist ein besonderer Arbeitgeber mit besonderen Aufgaben“, sagte sie mit Blick auf die Auslandseinsätze. Nicht nur aus diesem Grund sei der soldatische Dienst bislang fast nicht mit dem Privatleben zu vereinbaren, klagte von der Leyen und war wieder bei der Kinderbetreuung. Doch neue Soldaten zu rekrutieren ist das eine, sie zu halten etwas ganz anderes. „Es verlassen uns immer noch zu viele“, bedauerte sie. Auch dies sei ein Antrieb für die Attraktivitätsoffensive.

Von der Leyen reagierte auch auf Kritik. Der frühere Generalinspekteur Harald Kujat hatte die Pläne der Ministerin zuvor als „grotesk“ bezeichnet. „Da sind echte Laien am Werk. Von der Leyen hat ganz offensichtlich keine Ahnung vom Militär“, sagte er dem Focus. Die Verteidigungsministerin komme ihm vor „wie eine gute Hausfrau, die ihre Kinder versorgt“. Von der Leyen reagierte darauf auf ihre ganz eigene Art: „Ich glaube, daraus spricht vor allem Angst, nämlich Angst vor Veränderung“, sagte sie ohne den Namen Kujats zu nennen.

Dieser soll sich mittlerweile bei der Ministerin entschuldigt haben. Das Ministerium reagierte kühl. „Zu einem möglichen Schriftverkehr zwischen der Ministerin und Privatpersonen nimmt das Bundesministerium der Verteidigung keine Stellung“, sagte Ministeriumssprecher Uwe Roth.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen