© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  25/14 / 13. Juni 2014

Der Fitmacher
Erfolgsgeschichte: Wie der Mannheimer Chemiker Wolfgang Groß einen maroden DDR-Spülmittelhersteller zum deutschen Marktführer avancieren läßt
Paul Leonhard

Der meistverkaufte Markenspüler Deutschlands wird an der Neiße produziert: „fit“. In den neuen Ländern aus den Haushalten seit Jahrzehnten nicht wegzudenken, hat die typisch grüne Flasche inzwischen auch im Westen einen Bekanntheitsgrad von 37 Prozent. Zu verdanken ist das Wolfgang Groß. Der gebürtige Mannheimer hat die Chancen der deutschen Wiedervereinigung genutzt und 1993 von der Treuhand die im sächsischen Hirschfelde, unmittelbar an der polnischen Grenze nahe Zittau, gelegene Fabrikationsanlage des legendären Spülmittelherstellers „fit“ gekauft. Groß war damals 40 Jahre alt. Er hatte lange in der Produktentwicklung des Haushaltschemiekonzerns Procter & Gamble gearbeitet, später im Marketing von Ciba Geigy, dann wollte er sich selbstständig machen.

Voller Tatendrang machte sich der promovierte Chemiker ans Werk. Was in den folgenden mehr als 20 Jahren geschah, ist ein Lehrstück deutscher Wirtschaftsgeschichte. Es handelt vom Katz-und-Maus-Spiel der Treuhand mit gutwilligen Investoren, von Handelsketten, die Produkte aus den neuen Ländern boykottierten, von Banken, die keine Kredite gaben, von Naturkatastrophen und einer verfehlten Energiepolitik. Am Ende siegt der unternehmerische Tatendrang.

Die Expansion in den Westen gelingt

Die Handelsketten müssen „fit“ schließlich listen, nachdem die Arbeiter das Spülmittel vor den Märkten vom Lastwagen verkauften, es reißend Absatz fand und der damalige sächsische CDU-Wirtschaftsminister Kajo Schommer unverhohlen Druck machte. Statt der Banken half die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Sachsen mbH (MBG), die als stiller Teilhaber ins Unternehmen einstieg. Bei der Hochwasserkatastrophe 2002 – in Polen war ein Staudamm gebrochen – zerdrückte die Flut zwar Tanks und überflutete Hallen, aber in dieser Situation zeigte sich Deutschland solidarisch. Daß „fit“ eine deutsche Erfolgsgeschichte ist, beweist nicht nur der zwischen 1993 und 2012 von acht auf 120 Millionen Euro gestiegene Umsatz, sondern auch eine schier endlose Reihe von Auszeichnungen und Gütesiegeln. Im April 2011 wurde Groß zum sächsischen Unternehmer des Jahres gekürt, zwei Monate später gab es den Umweltpreis des Freistaates. Öko-Test bewertete 2013 den „fit Grüne Kraft Badreiniger“ in puncto Inhaltsstoffe mit „gut“ und damit zum Spitzenreiter unter 17 Testprodukten. Die Jury des „best brands Award“ listete „fit“ 2013 als eine der zehn stärksten Wachstumsmarken in Deutschland.

„Wir wollen unsere Produkte jeden Tag noch ein Stück verbessern“, sagt Groß. Als Mittelständler könne man sich nur gegen Großkonzerne behaupten, weil die Abstimmungswege kurz seien. Und „weil wir unabhängig sind, können wir schneller auf Veränderungen und Trends reagieren“, beschreibt der Unternehmenschef sein Erfolgsrezept.

Der clevere Marketingstratege hat schon manchmal die Branche und die deutschen Verbraucher in Aufregung versetzt. So, als im Jahr 2000 bekanntwurde, daß die kleine fit GmbH dem Konzern Procter & Gamble die bekannten Waschmittelmarken „Rei“, „Rei in der Tube“ und „Sanso“ abgekauft hatte. Über diesen „Riesendeal“ freut sich Groß noch heute – damit war die Westexpansion gelungen. Neun Jahre später erwarb er „Kuschelweich“ und „Sunil“ von Unilever. Neben Zukäufen setzt Groß vor allem auf eigene Produkte. „Nur so bleiben wir langfristig Vorreiter auf dem Gebiet der Wasch- und Reinigungsmittel.“ In den Hirschfelder Laboren arbeitet ein breitaufgestelltes Forscherteam und sorgt dafür, daß „jedes Molekül an seinem richtigen Platz ist“.

„Unser Motto lautet: Weniger versprechen, mehr halten. Das gilt für uns seit 60 Jahren“, wirbt Groß. Vielleicht hält er auch deshalb neben vielen neuen Produkten an Althergebrachtem fest. Die grüne „fit“-Flasche hat wie zu DDR-Zeiten die Form des Chemnitzer Roten Turmes. Schließlich schlug in der sächsischen Großstadt die Geburtsstunde des Spülmittelherstellers, als 1954 der VEB Fettchemie Karl-Marx-Stadt (Chemnitz) den Markennamen „fit flüssig“ anmeldete. Nur in einem Punkt kehrte Groß der „fit“-Tradition den Rücken: Das bis zur Wende existierende Markenmaskottchen „fit-Johanna“, eine stilisierte Zeichenfigur mit einem weißen Tropfen als Kopf, ersetzte er 2005 durch einen kleinen grünen Spülmitteltropfen namens „fitikus“.

Die unternehmerische Bilanz von Wolfgang Groß ist beeindruckend: Marktführer mit einem Sortiment von rund 100 Produkten, darunter Hand- und Maschinenspülmittel, Haushaltsreiniger, Waschmittel und Weichspüler, hergestellt von 200 Mitarbeitern in Produktionsanlagen, die europaweit zu den modernsten der Branche gehören. Eine neue Werkhalle soll noch in diesem Sommer entstehen. Nicht umsonst würdigte die Süddeutsche Zeitung sein Engagement in einer strukturschwachen Region als „Glanz im Dreiländereck“.

Foto: Kein Weichspüler, sondern Unternehmer mit weißer Weste: Die fit GmbH hat die ersten deutschen ökologischen Waschmittel entwickelt

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen