© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  25/14 / 13. Juni 2014

Pussy Riot und der zivile Ungehorsam: Folgenlose Obszönitäten
Pöbeln ohne Resonanzkörper
(wk)

Im Forschungsjournal Soziale Bewegungen (1/2014) weist Joachim Willems darauf hin, daß dem „Punk-Gebet“ von Pussy Riot vom Februar 2012 in der Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale vier ähnliche provokante „politisch-künstlerische Performances“ vorausgegangen seien, darunter eine unter dem Titel „Putin pißt sich in die Hose“ – veranstaltet mitten auf dem Roten Platz und garniert mit Aufrufen zum gewaltsamen Umsturz in Rußland, genannt „Abtreibung des Systems“. Daran stößt sich der doppelt promovierte Heisenberg-Stipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft allerdings genausowenig wie an den vulgär-sinnfreien Songtexten der jungen Russinnen, in denen es unter anderem heißt: „Proteste führen zu gutem Wetter“ und „Lesben, Schwule, Bi- und Transsexuelle und Feministinnen schützen das Vaterland“. Zwar seien diese „Aktionen zivilen Ungehorsams“ insofern kritikwürdig, als daraus keine unmittelbaren konkreten politischen Folgen entstehen könnten, aber „der Mut der Mitglieder von Pussy Riot“ setze ein Zeichen und helfe, „gesellschaftliche und kulturelle Veränderungsprozesse im Fluß zu halten“. Dieses Wunschdenken widerspricht allerdings Willems eigenem Befund, daß die allermeisten Russen die Urteile gegen die Bandmitglieder als völlig berechtigt oder gar noch zu milde ansehen würden.

www.fjnsb.org

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