© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  26/14 / 20. Juni 2014

Burg-Verbot für Burschenschafter
Korporationen: Dachverband droht nach zahlreichen Mitgliedern auch seinen Tagungsort zu verlieren
Christian Vollradt

Wohl dem, der eine Niederlage in einen Erfolg ummünzen kann: „Wir konnten uns auf der Wartburg versammeln und haben sogar die Miete gespart“, frohlockten einige Burschenschafter über das vermeintliche „Wartburg-Verbot“, das gegen ihren Dachverband, die Deutsche Burschenschaft (DB), verhängt wurde.

Tatsächlich hatte der Stiftungsrat der Wartburg, in dem unter anderem der Freistaat Thüringen, der Bund, die Stadt Eisenach sowie die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland und das Oberhaupt der großherzoglichen Familie Sachsen-Weimar-Eisenach vertreten sind, in diesem Jahr erstmals keinen Mietvertrag mit der DB geschlossen; traditionell richtete die während ihres Burschentags in Eisenach einen Festakt im Burghof aus. Nun aber teilte die Wartburg-Stiftung mit, diese Veranstaltung sei „infolge der Entwicklung in der Burschenschaft und einiger Abspaltungen für die Wartburg nicht mehr repräsentativ und somit nicht mehr akzeptabel“. Grundsätzlich stehe das historische Gemäuer „nicht für parteipolitische oder parteinahe Veranstaltungen zur Verfügung“. In der DB hätten sich jedoch „politische Gruppierungen“ herauskristallisiert und somit sei „eine satzungskonforme Durchführung des Festaktes“ nicht mehr gewährleistet, teilte der Sprecher der Stiftung auf Anfrage der JUNGEN FREIHEIT mit.

Also trafen sich am vergangenen Wochenende die rund 300 angereisten Burschenschafter „in Couleur“, also mit Band und Mütze, scheinbar spontan im Burghof, sangen das Deutschlandlied und gingen wieder. Bereits im Vorfeld hatte der Verband zurückhaltend auf das Vorgehen der Wartburg-Stiftung reagiert: „Wir hatten ohnehin vor, den Festakt ab 2015 zum Burschenschafterdenkmal zu verlagern“, sagte Sprecher Walter Tributsch der JF. Dennoch war intern die Frage aufgeworfen worden, warum die DB nicht rechtlich gegen die Stiftung vorgegangen ist.

Der Verband prüft juristische Schritte

„Angesichts solch einer dürren Begründung hätte das jedes Verwaltungsgericht sofort gekippt“, meinte ein Burschenschafter und mokierte sich über die „Verschnarchtheit“ des Verbands. Wegen des Bezugs zum Wartburgfest 1817 hat der Ort schließlich eine besondere Bedeutung für Burschenschafter. Auf Nachfrage der JF teilte DB-Sprecher Tributsch mit, juristische Schritte gegen die faktische Kündigung zu prüfen.

Dem Burschentag werden in der von der Linkspartei regierten Stadt ohnehin Steine in den Weg gelegt. So wurde der Deutschen Burschenschaft der Mietvertrag mit der städtischen Werner-Aßmann-Sporthalle gekündigt. Aufgrund der langen Laufzeit des Vertrages kann diese jedoch noch bis 2017 genutzt werden. Verbandssprecher Tributsch betont allerdings, daß die Korporierten von der Eisenacher Bevölkerung nach wie vor gut aufgenommen würden. „Und politische Funktionen haben alle ein Ablaufdatum, das gilt auch für die Oberbürgermeisterin von der Linkspartei.“ Mit der Akzeptanz unter den Einheimischen haderten indes die meist von auswärts angereisten Gegendemonstranten aus der linksextremen Szene.

„Jahrelang haben sie die Burschenschafter in ihrer Stadt wohnen, saufen und Fußball spielen lassen. Eisenach hat sich nicht gerade durch Zivilcourage hervorgetan“, beklagte ein Redner am Samstag auf der Protestdemo gegen den Burschentag. Vor einer weit größeren Herausforderung steht die DB allerdings durch den Aderlaß in den eigenen Reihen (JF 21/13). Rund 40 Bünde, darunter einige besonders mitgliederstarke, verließen allein in den vergangenen zwei Jahren den Dachverband. Das hat (nicht nur) finanzielle Folgen, und so mußte unter anderem der Jahresbeitrag um mehr als ein Drittel erhöht werden.

Unterdessen sortieren und gruppieren sich die Ausgetretenen neu. So bildeten im vergangenen Monat in Hamburg eher konservative, pflichtschlagende Bünde die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Burschenschaften, die allerdings nicht als konkurrierender Dachverband in Erscheinung treten soll. Und in Braunschweig trafen sich am vergangenen Wochenende zahlreiche Burschenschafter, um die Gründung eines neuen Dachverbands weiter voranzutreiben. Dessen Grundstock basiert auf der Initiative Burschenschaftliche Zukunft (IBZ) sowie einem Kreis von Bünden rund um die Jenaische Urburschenschaft (JF 23/12). Ziel dieser Zusammenkunft unter dem Leitbegriff „Freiheit“ sei es gewesen, inhaltliche Übereinstimmungen zu formulieren. „In der DB gab es zu viele innere Differenzen unter einer gemeinsamen Hülle, diesen Fehler wollen wir nicht wiederholen“, sagte Michael Schmidt, Vorsitzender des IBZ-Lenkungsausschusses der JUNGEN FREIHEIT. Deswegen habe die Neugründung eines Dachverbands, die Mitte Oktober 2015 abgeschlossen sein soll, auch solch einen langen Vorlauf. Der IBZ gehören zur Zeit 35 Burschenschaften an, drei von ihnen sind weiterhin Mitglied der DB. Schmidt, der bis 2012 Pressesprecher der DB war, betonte, daß die IBZ sich auflösen werde, wenn im kommenden Jahr ein neuer burschenschaftlicher Dachverband entsteht.

 

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